Heute nutzen wir für fast alle Waffen mit gezogenen Läufen ein Zielfernrohr, abgesehen von Großwildbüchsen oder manchen Sportgewehren. Aus diesem Grund möchten wir gerne in dem folgenden Artikel auf die unterschiedlichen Optiken für den jagdlichen Gebrauch eingehen und eine Unterscheidung für den jeweiligen Jagdzweck treffen.
Grundsätzlich kann man zwischen vier verschiedenen Zielerfassungssystemen für Rohrwaffen unterscheiden:
- Offene Visiere (z.B.:Kimme und Korn)
- Zielfernrohre
- Leuchtpunktzielgeräte (z.B.: Reflexvisier)
- Laser
Wie bereits erwähnt finden die offene Visierungen hauptsächlich bei Großwildbüchsen und Flinten Anwendung. Sie stellen die einfachste Variante eines Zielerfassungssystems dar und sind aufgrund ihrer Einfachheit auch kaum anfällig für äußere Einwirkungen, wie Schläge, Erschütterungen oder Stürze. Die Gruppe der Laservisiereinrichtungen ist in Deutschland für den zivilen Gebrauch verboten, weswegen wir uns nunmehr auf die Gruppen der Zielfernrohre und Leuchtdioden konzentrieren möchten.
Das Zielfernrohr
Zielfernrohre gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen. Der Sportschütze hat es relativ leicht, da er seine Visierung auf lediglich einen Zweck abstimmen muss. Der Jäger hingegen muss einer Vielzahl von jagdlichen Situationen begegnen können, was die Wahl einer geeigneten Visiereinrichtung umso komplizierter macht. Grundsätzlich bewegen wir uns im Rahmen der jagdlichen Zwecke zwischen lichtstarken Optiken für den Nachtansitz und Visieren für den schnellen Schuss auf mittlere Distanzen bis 100m (sog. Drückjagdoptiken). Eine Universaloptik, die alle jaglichen Gebrauchszwecke gleichgut erfüllt gibt es nicht. Man ist daher gezwungen seine Optik auf den jeweiligen Jagdzweck abzustimmen. Die Grafik rechts, soll als Anhalt dienen, sich darüber einen allgemeinen Überblick zu verschaffen.
Nun kann aber eine im Internet gefundene, mehr oder weniger aussagekräftige Tabelle nicht das alleinige Entscheidungskriterium für den Kauf einer Optik sein. Wie kommen wir zu der Einschätzung in der Tabelle? Zum einen spielte bei der Beurteilung der verschiedenen Optiken das Sehfeld eine große Rolle. Das Sehfeld ist ein Maß welches Aufschluss darüber gibt, welche Geländebreite auf eine Entfernung von 1000m durch das Fernglas/ Zielfernrohr beobachtet werden kann. Bei Zielfernrohren wird das Sehfeld meist für Entfernungen von 100 m angeführt. Weiterhin sollte man bedenken, dass mit wachsender Vergrößerung im Allgemeinen das Sehfeld bei jeder Optik sinkt. Zudem ist eine großzügige Angaben der Sehfeldgröße bei preiswerten Optiken mit Vorsicht zu betrachten. Möglicherweise wurde hier das größere Sehfeld auf Kosten einer reduzierten Randschärfe erzielt. Nehmen wir zum Beispiel ein Zielfernrohr 8 x 56, was grundsätzlich für den Nachtansitz eine gute Optik ist und betrachten uns das Sehfeld. Die angesprochene Optik besitzt ein Sehfeld von 5,6 m auf 100 m. Das ist hervorragend, wenn ich auf 100 m einen Keiler bei Nacht schießen möchte. Allerdings hat der Nachtjäger ein Problem, wenn er plötzlich einen Keiler in nur 30 m Entfernung erlegen möchte. Denn auf 30 m hat die 8 x 56 Optik ein Sehfeld von lediglich 1,6 m, was dazu führen dürfte, dass auf der gesamte Optik ein Schatten liegt. Dem Ganzen kann man Abhilfe verschaffen, wenn man eine Optik mit variabler Vergrößerung wählt, um auch das Sehfeld anzupassen (vgl. KLUPS, Jagdwaffenkunde).
Ein zweiter, nicht zu vernachlässigender Punkt, ist die Bildschärfe. Optiken mit einer großen Vergrößerung haben oft eine schlechte Bildschärfe auf kurze Distanzen. So kann es sein, dass man mit der 8 x 56 Optik zwar ein scharfes Absehen erhält, die Umgebung hingegen nicht mehr zu erkennen ist. Verwendet man nun eine kleinere 6 x 42 Optik, so kann man wahrscheinlich auf denen bei Nacht üblichen kurzen Distanzen bis 30 m wesentlich mehr erkennen.
Für Optiken zur Jagd im Hochgebirge fließen noch wesentlich mehr Punkte in die Beurteilung einer Optik ein (Parallaxenausgleich, Absehenschnellverstellung, Art des Absehens etc.). Diese werden wir allerdings in einem weiteren Artikel erläutern.
Neben den Optiken für die Nachtjagd ist für den deutschen Jäger das Zielfernrohr für die Drückjagd sehr interessant. Auch unter den sogenannten Drückjagdgläsern hat findet man eine sehr breite Produktpallette. Das wichtigste Entscheidungskriterium bei einem Drückjagdglas ist das periphere Sichtfeld. Drückjagdgläser sind meist Optiken mit 1-4-facher Vergrößerung und 18 bis 20 mm Objektivdurchmesser. Dies ermöglicht es dem Jäger Ziele auf kurze bis mittlere Distanz schnell aufzufassen und dennoch das umliegende Gelände nicht aus den Augen zu verlieren. Zudem sind Gläser mit Vergrößerungen von 1-4-fach bis hin zu modernen Drückjagdoptiken, die eine Vergrößerung von 1,5 bis 8-fach haben auch für die Jagd am Tag sehr gut geeignet. Neben „klassischen“ Zielfernrohren hat man auch die Möglichkeit auf Leuchtdiodenvisierungen zurückzugreifen. Diese bieten sich besonders für die Drückjagd und die Großwildjagd an. Ein großer Vorteil der Leuchtpunktvisiere gegenüber den offenen Visieren ist, dass man nur eine Bildebene hat; man muss nicht Kimme und Korn überein bringen. Mehr zu diesen Visieren im Artikel Leuchtpunktvisiere. An dieser Stelle seien noch die Spezialvisiere erwähnt, die eine Kombination aus Zielfernrohr und Leuchtpunktvisier sog. Twinsights darstellen (z.B. die Lösungen von Trijicon oder Docter).
Weitere Entscheidungskriterien bei Zielfernrohren
Hat man sich nun grob für eine Variante des Zielfernrohrs entschieden, muss man dazu übergehen weitere Entscheidungskriterien für den Kauf einer Optik heranzuziehen. Neben den verwendeten Materialien (heute fast nur noch Leichtmetalle) ist die Funktionstüchtigkeit und Robustheit der Zielfernrohrmechanik ausschlaggebend. Die Mechanik des Zielfernrohrs sollte so robust sein, dass sie den harten Prellschlägen, die beim Schuss entstehen, standhalten kann. Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Schutzgasfüllungen (meist Nitrogen oder Stickstoff) des Zielfernrohrs nicht entweichen können. Sollte man Bedenken haben, muss man auf Nobelhersteller zurückgreifen, deren Produkte immer aufwendige Prüfverfahren durchlaufen, was sich letztendlich im Preis niederschlägt.
Ein weiteres Qualitätsmerkmal kann das Absehen sein. Befindet sich das Absehen in der zweiten Bildebene (Okularbildebene), sollte man unbedingt auf einen bekannten Markenhersteller zurückgreifen, da hier höchste Verarbeitungsqualität gefordert ist. Bei Absehen in der zweiten Bildebene kann es zu einer Verlagerung der Treffpunktlage bei einer Veränderung der Vergrößerung kommen, wenn das Absehen nicht zu 100% zentriert wurde. Wir haben bei Militäroptiken die Erfahrung gemacht, dass selbst minimale Fertigungstoleranzen zu einer Ablage von teilweise mehr als 12 cm auf 100 m führen.
Jedes Zielfernrohr sollte über einen Dioptrienausgleich verfügen. Entscheidendes Qualitätsmerkmal hier, ist die eindeutige Beschriftung oder Skalierung des Verstellturms. Wo man die Dioptrien einstellen kann ist kein Qualitätsmerkmal. Bei amerikanischen Produkten findet man den Dioptrienausgleich häufig am Objektiv oder vor dem Okular. Bei europäischen Produkten ist die Dioptrienverstellung hingegen häufig zwischen dem Okular und dem Zielfernrohrkörper.
Als letztes Qualitätsmerkmal einer guten Optik sollte man den Transmissionswert heranziehen. Der Transmissionswert ist eine Maß für die Lichtdurchlässigkeit von Medien. Jedes Medium ist lichtdurchlässig. Aufgrund unterschiedlicher Reflexionswerte lassen manche Medien mehr Licht durch sich hindurch als andere. Bei Zieloptiken sind die Linsen und deren Vergütung maßgebend für die Lichtdurchlässigkeit. Aufwendig beschichtete Linsen und Optiken mit Edelgasfüllungen reflektieren weniger Licht als Linsen mit minderwertigen Vergütungen. Heute liegen die Spitzentransmissionswerte bei 95%. Diese sind nur mit sehr aufwendigen und kaum zu bezahlenden Verfahren zu erreichen, zudem nicht unbedingt notwendig. Ein Transmissionswert von mehr 90% sollte für nahezu alle jagdlichen Situationen ausreichen. Weniger sollte es aber nicht sein.
Wenn Sie eine grobe Auswahl anhand der oben genannten Kriterien getroffen haben gehen Sie dazu über mehrere Modelle zu testen und im eigenen Revier zu vergleichen. Beim heutigen Stand der Technik kann man bedenkenlos bei allen großen Herstellern kaufen. Zum individuellen Vergleich der Optiken nehmen Sie sich am besten einen Abend Zeit und sitzen mit der Dämmerung beginned an. Suchen Sie sich eindeutig zu identifizierende Objekte auf einer Entfernung bis 100 m und visieren Sie diese an. Nun können Sie zwischen den verschiedenen Zielfernrohren wechseln und die Unterschiede erkennen. Versuche Sie auch das Objekt mit unterschiedlichen Vergrößerungsstufen zu beobachten, um die unterschiedlichen Sehfelder einzuschätzen. Ein ähnliches Vorgehen empfiehlt sich an Tagen bevor Sie einen Ansitz planen, um die Optik am Tag für die Nacht vorzujustieren.
Halli hallo,
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wäre toll…
Wmh Andrea Kuloge
Gern stellen wir den Artikel unter Angabe unseres Links zur Verfügung. Viel Waidmannsheil
Andreas Dunsch