Skandalöse Abgründe offenbarten sich uns bei einer Reviererkundung in Sachsen-Anhalt. Was wir in diesem Ausmaß in Deutschland lange nicht für möglich gehalten haben, wurde uns schonungslos vor Augen geführt. Organisierte Wilderei, die wir selbst nur aus Berichten kennen, ist in Deutschland schlimmer, als mancher Jäger vermutet. Jagdpächter können jedoch in manchen Regionen ein Lied davon singen. Diese Problematik muss zum Wohle von Wild und Jäger öffentlich gemacht werden.
Der Tatort
Wir erkundeten bei einem befreundeten Jagdpächter ein ausgezeichnetes Hochwildrevier in Sachsen Anhalt, inspizierten Hochsitze, Kirrungen und Wildkameras. Bei herrlichem Wetter und schönem Anblick schlug unsere Stimmung dennoch urplötzlich um, als wir eine Kirrung vorbereiten wollten. Mehrere abgetrennte Dammwildläufe waren über die gesamte Kirrung verteilt. Insgesamt konnten wir 16! Läufe finden und schnell wurde uns klar, was hier vorgefallen war: Wilderer haben wahllos vier Tiere abgeknallt und vor Ort geschlachtet. Für was sie keinen Nutzen hatten wurde abgetrennt und weggeschmissen. Ein Mix aus Wut, Verachtung und Enttäuschung machte sich in uns breit.
Welche Gestalten machen so etwas skrupelloses, mitten in Deutschland? Unser Jagdherr ärgerte sich maßlos, überrascht zu sein schien er aber nicht. Er sollte uns im Anschluss Erfahrungen schildern, die wahre Abgründe offenbaren sollten.
Mit einem Gefühl aus Wut und Unbehagen richteten wir zunächst die Kirrung wieder her.
Wilderei in Deutschland
Es ist nicht das erste Mal gewesen, dass unser Pächter Wilderei in seinem Revier festgestellt hat. Er schilderte uns Vorfälle, mit denen er und benachbarte Reviere in den letzten Jahren zunehmend konfrontiert wurden sind: Abgeschlachtete Sauen zum Spaß, Trophäenwilderei und Schusswechsel mit organisierten Kriminellen. Doch die Wut und der Ärger über Täter und Tat schlagen schnell in Hilflosigkeit um. Denn Habhaft wird man dieser Verbrecher in den allerwenigsten Fällen. Was wie eine Geschichte aus unzivilisierteren Zeiten und Regionen der Erde zu stammen schien, entpuppte sich nach unsere Recherche zu Alltagsproblemen mit denen sich die deutsche waidgerechte Jagd in den letzten Jahren zunehmend auseinandersetzen musste.
Dabei scheint es, dass sich innerhalb der Wilderei drei verschiedene Formen entwickelt zu haben. Zum einen schießen Wilderer Tiere zum Spaß, ohne sie danach verwerten zu wollen. Dabei werden von Sport- und Jagdwaffen, bis Armbrust und Bogen alles genutzt, was tötet. Zum anderen wird gezielt Jagd auf Trophäen speziell von Hirschen und Muffel gemacht. Sie erzielen im Ausland auf dem Schwarzmarkt schnell um die 3000€. Die dritte Form stellt das illegale Erbeuten des Wildbrets dar, das entweder zum Eigengebrauch oder ebenfalls zum Verkauf bestimmt ist.
In allen Fällen spielen weder eine Jagderlaubnis, Schonzeiten, Waidgrechtigkeit, Gesetze und Verordnungen noch Respekt vor dem Tier für die Wilderer im Entferntesten irgendeine Rolle. Und in allen Fällen ist die Wilderei gut organisier und geplant.
Wilderer
Vom Jogger mit einem selbstgebauten Schussgeber, über den Spaziergänger mit abgesägter Flinte, der Familie im Campingwagen, hin zu organisierten Banden aus dem Ausland, findet man Menschen die bereit und fähig sind, diese skrupellosen, kriminellen Taten zu begehen. Gezielt wählen sie Reviere, mit guten Beständen. Auch Regionen mit einer erhöhten Bevölkerungsdichte sind nicht davor gefeit. Als Spaziergänger oder Jogger, getarnt werden die Reviere ausgekundschaftet. Parkplätze für Fahrzeuge werden erkundet und Ausweichwege identifiziert. Menschen die sich auf diese Verbrechen einlassen, haben einen Plan und handeln nicht wahllos und unvorsichtig.
Gegenmaßnahmen
Dem Pächter oder Grundbesitzer bleibt in den meisten Fällen kaum Handlungsspielraum, um das Wild und sich selbst vor diesen Verbrechen zu schützen. Natürlich kann man Anzeige erstatten. Unser Jagdfreund hatte dies auch mehrere Male getan. Allerdings bekam er lediglich die Aussage, dass kein öffentliches Interesse bestehe. Die Polizei könne es sich außerdem nicht leisten, bei hoher Auftragslage, zu versuchen diese Taten aufzuklären oder gar das Revier zu überwachen. Aber als Jäger könne man sich schließlich selbst schützen, man sei ja bewaffnet…
Derartige rechtsstaatliche Bemühungen gegen diese Verbrechen scheinen keine Einzelfälle zu sein. Der Jäger selbst hat jedoch selbst in der Funktion als Jagdaufseher, kaum Möglichkeiten einen Wilderer zu stellen. Nur wenn er ihn auf frischer Tat ertappt, darf er ihn gemäß §127 Abs.1 StPO vorläufig festnehmen, wenn sich die Person nicht ausweisen kann. Alle anderen Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Personenkontrolle, Durchsuchung oder das Festhalten einer nur verdächtigen Person würden die Persönlichkeitsrechte des Wilderers verletzen. Damit würde sich der Jäger wiederum strafbar machen. Wer nun auf die Idee kommt Wildkameras zu nutzen, um eventuell Wilderer zu identifizieren, sollte ebenfalls gewarnt sein. Es kann sein, dass diese Bilder von Gerichten nicht als Beweisstücke zugelassen werden, da sie ebenfalls Datenschutzrechte verletzen könnten. Diskussionen rund um das Thema Wildkameras in Rheinland Pfalz zeugen von diesem Spuk.
Wir mussten feststellen, dass diese ernüchternde Lage auf einen Grund zurückzuführen ist: Wilderei interessiert niemanden! Weder Polizei, Bürger, Grüne Politiker oder NaBu wollen überhaupt irgendetwas von Wilderei wissen. Im Gegenteil, das Problem wird kleingeredet, verdrängt und der Pächter, als „einziger Geschädigter“ allein gelassen. Während Hetzkampagnen von sogenannten „Naturschützern“ und irrsinnige Munitionsdiskussionen in der Politik unsere Jagd regulieren, beschränken oder gar verbieten wollen, wildern Kriminelle fröhlich vor sich hin.
Während wir auf diese Art unserem Ärger Luft machen, wollen wir damit jeden ermutigen sich gegen die Wilderei zu engagieren. Diese Verbrechen müssen in die Öffentlichkeit getragen werden, in Vereinen deutlich angesprochen, in Medien publiziert und an die gewählten Abgeordneten herangetragen werden. Wir Jäger müssen gegen diese Verbrechen ein Bewusstsein schaffen und dürfen nicht zulassen, dass wir in ein schlechtes Licht gerückt werden, während Verbrecher ungestraft ihren Machenschaften frönen.
Sehr treffen dargestellt. Der Jäger ist der Buhmann und das Verbrechen bleibt ungesühnt. Und ich wette, dass die Wilderei in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen wird. Es gibt da nämlich einige Volksgruppen die es mit unseren Jagd- und Fischereigesetzen nicht so genau nehmen.
Unsere Unterstützung habt Ihr.*Holger Didam.Wolf&Luchsschutz*