Das Mucken bzw. unterbewusste Bewegungen vor und während der Schussabgabe werden häufig als Krankheit bezeichnet, die man überwinden muss, doch woher kommt das Mucken und wird man es wieder los? Für alle, die dachten Schussangst oder Mucken sei eine Krankheit, haben wir eine schlechte Nachricht: „Leider ist Mucken keine Krankheit, sondern eine Unterbewusste Handlung und hierfür gibt es keine Medikamente“. Aus diesem Grund wollen wir auf den folgenden Seiten darüber sprechen, was Schussangst ist, woher diese kommt und wie man sie wieder loswird.
Wie äußerts sich die Schussangst?
Zunächst sollten wir die Frage klären: „Was ist eigentlich das Mucken“? Den Begriff hört man immer wieder in Jagdgesellschaften, auch unter Sportschützen ist der Begriff sehr geläufig. Eine allgemeingültige Definition des Begriffs herrscht leider nicht vor. Man kann jedoch sagen, dass sich unter dem Begriff „Mucken“ alle Fehler beim Abkrümmvorgang subsumieren. Den richtigen Abkrümmvorgang haben wir bereits in einer vorherigen Ausgabe beschrieben, dieser wird auch nochmal detailliert in Gastis Onlinekurs um Thema Mucken erklärt (Einleitungsvideo rechts). Das Mucken des Schützen (unterbewusste Muskelbewegungen in Erwartung des Schusses) während des Abkrümmvorgangs, sorgt dafür, dass der Schütze diverse Fehlbewegungen/ Muskelbewegungen auf die Waffe überträgt. Die meisten „Mucker“ machen während des Abkrümmvorgangs unterbewusste Gegenbewegungen in Erwartung des vermeintlich starken Rückstoßes, zittern, verkrampfen und schließen die Augen, trotz des Wissens, dass man dieses unterlassen soll. Meist habe diese unterbewussten Ausgleichsbewegungen Ihren Ursprung in negativen Erfahrungen des Körpers im Zusammenhang mit Schussabgaben. In unseren Individualtrainings beobachten wir häufig, dass Kunden die Schulter in die Waffe drücken, um dem Rückstoß entgegenzuwirken oder versuchen den Abzug schnell zu betätigen damit der Knall und der Rückstoß schneller vorbeigehen.
Wo liegen die Ursachen des „Muckens“?
Die Ursache für das Mucken liegt in unserem Kopf. Jeder kennt die Aussagen: „Ich habe letztens mit einem Magnumkaliber geschossen und das Zielfernrohr voll abbekommen“. Jeder versucht ein solches „Kentucky-Monokel“ zu vermeiden. Unser Körper merkt sich jede Form von Schmerzen und versucht diesen zukünftig zu vermeiden, ohne dass wir bewusst unseren Körper dazu anweisen. Schlechte Erfahrungen beim Schießen, aufgrund von Selbstüberschätzung, der Wahl von zu großen Kalibern oder der falschen Waffenwahl führen dazu, dass bei jedem weiteren Schuss unser Kopf diese schlechten Erfahrungen zu vermeiden versucht, meist durch falsche Ausgleichsbewegungen.
Während unserer Dienstzeit haben wir bei jungen Rekruten häufig folgendes beobachtet: Nach der ersten Einweisung in das Sturmgewehr und die richtige Schießtechnik nahm der Rekrut die Waffe und gab vollkommen unbelastet einen 100% korrekten Schuss b. Dies lag häufig daran, dass die Rekruten vor Ihrer Wehrpflicht noch nie geschossen hatten und somit gedanklich unbelastet in die Situation gegangen sind. Nach dem ersten Schuss haben die Rekruten meistens die Folgeschüsse verrissen. Woran lag das? Beim ersten Schuss haben sich die Rekruten auf das konzentriert, was die Ausbilder gesagt haben. Beim zweiten Schuss haben die Rekruten sich dann darauf konzentriert, was beim ersten Schuss passiert ist und waren somit nicht mehr gedanklich frei!
Ein häufiger weiterer Grund für das Mucken ist die falsche Waffenwahl bzw. die falsche Waffenkonfiguration und Fehler in der anfänglichen Schießausbildung. Viele Deutsche Jäger benutzen massive Kaliber, wobei für die Jagd auf heimisches Schalenwild die Untergrenze der gesetzlich geforderten Kaliber völlig ausreichend ist. Noch nie hat die Größe des Kalibers bestimmt, ob das Tier im Schuss liegt, sondern die Platzierung des Projektils (das beste Kaliber ist ein guter Treffer). Will man waidgerecht Jagen, so muss man gut schießen! Natürlich ist das Kaliber nicht der einzige technische Grund für das Mucken, eine falsch zusammengestellte Waffe kann auch zu großen Problemen für den Schützen führen. So müssen ebenfalls die Schaftlänge richtig sein und der Augenabstand zum Zielfernrohr sollte groß genug gewählt werden.
Neben den technischen Voraussetzungen, die eine Waffe mit sich bringt, gibt es auch physikalische Rahmenbedingungen, die zum Mucken führen. So habe wir häufig erfolgreich Kunden von der Schussangst „geheilt“ indem wir nicht nur an der Schießtechnik gearbeitet, sondern auch die Umwelteinflüsse reduziert haben. Viele Menschen Mucken, weil der Schussknall besonders laut empfunden wird. In diesen Fällen kann man mit einem besseren oder anders gestalteten Gehörschutz oft Wunder erreichen.
Der Schlüssel zum Erfolg ist das richtige Abkrümmen!
Ein weiterer Grund für das Mucken kann, wie am Beispiel der Rekruten gezeigt, unsere Psyche sein. Gerade auf Drückjagden sieht man sich bei schnell herannahendem Wild oft unter zeitlichen Druck gesetzt und vergisst beim Anblick des Wildes alles, was man bisher über Schießtechnik gelernt hat. Aus vermeintlichem Zeitmangel bringt man die Waffe überhastet in den Anschlag und versucht das Wild um jeden Preis zu erlegen, auch wenn es bedeutet, dass man mit einem falschen Anschlag ohne Rücksicht auf die Schießtechnik einen Schuss abgeben muss. Natürlich führen in diesem Moment, des plötzlichen Erscheinen des Wildes, sämtliche Emotionen der vorangegangenen Stunden des Wartens und der Gedanken, die man sich zu der Jagd gemacht hat, zusammen. Man stellt sich somit selbst unter Stress und versucht die wenigen Sekunden, die man für einen Schuss hat, möglichst zu nutzen, koste es was es wolle.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt hier in der Langsamkeit! Durch ein langsames und fokussiertes Abhandeln aller Handlungsabfolgen und durch bewusstes Abkrümmen, kommt man zu einem Höchstmaß an Konzentration zum Zeitpunkt der Schussabgabe. Ein Vehikel zum Fokussieren kann die Sprache sein. Haben Sie schonmal jemanden gehört, wie sich jemand konzentriert? Wahrscheinlich ja. Beobachtet man Nachbarschützen beim Verstellen der ASV zur Korrektur der Treffpunktlage, zählen diese bei jedem Klick leise mit. Das leise Mitzählen hilf dem Schützen bei der Konzentration auf das oft sehr leichte Klicken der ASV. Dies kann man auf das Abkrümmen übertragen. Mit Hilfe der Sprache kann man sich in das langsame Abkrümmen hinsprechen oder durch ein Brummen in den Schuss „reinbrummen“. Diese Technik hilft den Fokus auf das Abkrümmen zu legen und nicht auf die Umgebung. Im bereits angesprochenen Onlinekurs „Volkskrankheit Mucken“ zeigt Gasti in mehreren Videos, wie diese Techniken trainiert werden können.
Was kann ich noch gegen das Mucken machen?
Zunächst muss man sich bewusstwerden, was die Ursache des Muckens ist. Liegt der Grund für das Mucken in den baulichen Voraussetzungen der Waffe oder man bei der Jagd nicht „kühl“ genug? Liegen die Gründe für das Mucken bei der Waffe, gibt es mehrere Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Vorausgesetzt die Schaftlänge und der Augenabstand zum Zielfernrohr sind korrekt, kann nur noch die Angst vor dem Rückstoß oder dem Knall ein Grund für das Mucken sein. Den Ruckstoß einer Waffe kann man auf verschiedene Arten reduzieren:
- Verwendung von leichteren Geschossen. Ein leichteres Geschoß reduziert den Rückstoß.
- Verwendung von „Low-Recoil“ Patronen. Die Firma Hornady bietet eine sog. „Custom lite“-Munition an, diese soll den Rückstoß bei allen gängigen Kalibern um bis zu 40% reduzieren.
- Verwendung oder Anpassung der Schaftkappe. Es gibt moderne Schaftkappen, die nur zu dem Zweck den Rückstoß zu reduzieren, produziert werden.
- Tragen von Schulterpolstern beim Schießen.
- Verwendung eines Gehörschutzes! Viele Schützen haben auch Angst vor dem Knall und mucken aus diesem Grund. Verwenden Sie beim Schießen einfach einen Gehörschutz.
Liegt der Grund für das Mucken jedoch beim Jagdfieber oder dem selbst verursachten Stress durch vermeintlichen Zeitdruck, muss man beim Bekämpfen des Muckens anders vorgehen. Stress bzw. Zeitmangel bei der Jagd ist meistens auf eine schlechte Vorbereitung zurückzuführen. Bereiten Sie bereits einen Tag vor Jagdbeginn Ihre Ausrüstung so vor, dass Sie am Tag der Jagd keinen Gedanken mehr an Ihre Ausrüstung verschwenden müssen. Wenn Sie bei der Drückjagd auf Ihrem Stand angekommen sind, dann nehmen Sie sich die Zeit Ihren Stand einzurichten. Das bedeutet nehmen Sie die wichtigsten Entfernungen, gehen Sie im Gedanken Schusssituationen durch, fragen Sie sich wo sind mögliche Wechsel, sprich seien Sie auf das Unerwartete so gut es geht vorbereitet. So auf den Schuss vorbereitet kann Zeitmangel kein Argument fürs Mucken sein. Jetzt kommt nur noch das Jagdfieber. Jagdfieber hat jeder mehr oder weniger. Jagdfieber lässt sich auch nur schwer abtrainieren. Hier ist es die Routine, die Sie zu einem sicheren Schützen werden lässt. Übung macht den Meister, so ist es auch bei der Jagd. Eine gute Übung zum Erkennen und Abstellen von Mucken, sind die sog. „Ball-and-Dummy-Drills“. Bei dieser Übung gehen Sie folgendermaßen vor:
- Der Trainingspartner, der nicht schießt, bereitet die Waffe vor, indem er die Waffe in unbestimmter Reihenfolge mit Jagdpatronen und Pufferpatronen lädt und dann die Waffe für den Schützen in die Ausgangsposition legt.
- Der Schütze tritt an die Waffe, geht wie gewohnt in den Anschlag und bereitet sich auf den Schuss vor.
- Der Trainingspartner stellt sich so neben den Schützen, dass er die Mündung zum Zeitpunkt der Schussabgabe beobachten kann.
- Sind diese Voraussetzungen geschaffen, kann der Schütze anfangen wie gewohnt zu schießen.
- Zum Zeitpunkt der Schussabgabe beobachtet der Trainingspartner die Mündung. Bewegt sich die Mündung übermäßig, am besten zu erkennen, wenn die Pufferpatronen abgeschlagen wird, ist dies ein Zeichen für Mucken.
- Durch häufiges Wiederholen dieser Übung, wird der Schütze gezwungen sich auf jeden Schuss gleichermaßen zu konzentrieren. Jegliche Fehlbewegungen während der Schussabgabe werden nun bei den Schüssen mit der Pufferpatrone gnadenlos aufgedeckt und der Schütz hat die Möglichkeit, so seine Fehler selbst zu erkennen.
Mucken und Schussangst kann man loswerden!
Viele Jäger mucken und viele Jäger wissen nicht, dass sie mucken. Seien Sie sich immer selbst treu und versuchen Sie mit der „Ball-and-Dummy-Drill-Methode“ zu erkennen, ob Sie selbst vielleicht mucken. Sollten Sie zu der Erkenntnis kommen, dass Sie ein Mucken-Problem haben, so können Sie anfangen mit den oben genannten Methoden dagegen vorzugehen. Für Alle Jäger, die sich tiefergehend mit dieser Materie beschäftigen wollen oder ein starkes Problem mit dem Mucken haben, hat Gasi einen Onlinekurs kreiert, der Ihnen dabei Hilft die Schussangst zu überkommen. Hier gehts zum Kurs: https://moderne-schiesslehre.thinkific.com/courses/volkskrankheit-mucken-schussangst-bekaempfen
Toller Beitrag!
Vor allem als Jung-Jäger erlebt man das richtige „Jagdfieber“ häufig erst nach der Schießprüfung zum ersten Mal. Das ist dann was anderes als auf dem Schießstand und nicht immer so einfach in den Griff zu bekommen. Und das wo scheinbar alle anderen immer und überall so souverän schießen… ;)
Vielen Dank für den netten Kommentar. Jagdfieber hat jeder es ist nur unterschiedlich stark ausgeprägt, ebenso verhält es sich mit dem Mucken. Selbst bei geübten Schützen, beobachte ich häufig, dass die jahrelange Routine versagt, wenn es darauf ankommt bzw. etas sanfter Druck ausgeübt wird.