Moderne Nachtsichttechnik steht teilweise bei Traditionalisten tief in der Kritik. Der Einsatz von Nachtsichtgeräten auf der Jagd wird dabei in enge Beziehung zu militärischen Einsatzgrundsätzen gesetzt. Befürchtungen zur nichtlegalen Verwendungen in Deutschland gehen damit einher. Im Kern wird das Erlegen des Wildes in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt. Moderne Nachtsichttechnik kann jedoch weit mehr und vor allem helfen moderne Jagdmethoden wesentlich waidgerechter zu gestalten.

Viele Reviere haben sich über die Jahre gewandelt. Landwirtschaftlicher Kulturpflanzenanbau hat stark zugenommen. Schwarzwildpopulationen haben sich rasant vermehrt. Sowohl der Jagd- als auch der Freizeitdruck im Revier sind gestiegen. Das Wild hat seinen Lebenszyklus angepasst, Äsungs- und Wechselaktivitäten auf die Nachtzeit verlegt.
Selbstverständlich mag diese Darstellung nicht auf alle Reviere in gleichem Maße zutreffen. Doch auch stark differenzierende Reviere in Deutschland verzeichnen sich verändernde Wechselbeziehungen zwischen Landbau, Wild und Mensch.

NITEHOG M35

Die Schwarzwildjagd verlagert sich mehr und mehr in die Nacht- oder die frühen Morgenstunden. Einige befreundete Jäger schwören auch darauf an Wochentagen zwischen 6 Uhr und 9 Uhr gezielt Schwarzwild zu bejagen, da sie verstärkt beobachten, dass die Rotten zu diesen Zeiten ungezwungen und vermeintlich ungestört durch die Feldmark trollen.

Waidgerechte Nachtjagd durch Nachtsicht

Moderne Nachtsehtechnik ermöglicht es vor allem den Jagderfolg beim nächtlichen Ansitz zu erhöhen. Bevor es jedoch soweit ist, werden dem Jäger viele weitere Vorteile zu Teil. Nachtsichtgeräte werden meist als „Wildbeobachtungsgerät“ beworben, was auch zum einen daran liegen mag, dass eine deutliche Abgrenzung zu verbotenen Nachtzielgeräten geschaffen werden soll. Dabei sei hier explizit nochmals darauf hingewiesen, dass es in Deutschland laut Bundesjagdgesetz (BJagdG §19 Abs. 1 Nr. 5) und Waffengesetz (WaffG §52 Abs. 3 Nr. 1 und Anlage 2 Abschnitt 1) verboten ist, Nachtzielgeräte oder auf die Waffe montierbare Nachtsichtgeräte zu besitzen oder gar zum erlegen oder fangen von Wild zu verwenden.

Wer aber in der Lage ist bei Nacht zu sehen, kann selbstverständlich damit Wild bei Nacht beobachten. Allein dies bietet enorme Vorteile. Wild lässt sich mit Wärmebildgeräten bereits über große Distanzen erkennen. Der Wildbestand im Revier ist damit deutlich besser nachzuvollziehen. Regelmäßige Wechsel lassen sich gut identifizieren. Verhaltensweisen des Wildes somit gut nachzuvollziehen und damit Rückschlüsse für die eigenen Jagdmethoden erschließbar. Beim nächtlichen Ansitz, wie beispielsweise an einer Kirrung lässt sich Wild einwandfrei ansprechen. Dabei kann in erste Linie allein die Wildart erkannt werden, bevor man durch die Nacht auf eine schwarze Silhouette schießt, weil man ein Stück Schwarzwild glaubt vor sich zu haben. Sowohl Restlichtverstärker als auch mit Wärmebildgeräte, lassen es jedoch zu sogar zu Details zu erkennen und jedes einzelne Stück anzusprechen. Ein Überläuferkeiler ist damit beispielsweise am Gewaff, Widerrist, Pürzel und Quaste gegenüber einer Bache klar erkennbar. Hinzu kommt, dass der Jäger an der Kirrung die Wahl hat sich in Stück herauszupicken. Weiterhin lässt sich erkennen, ob das Stück wirklich frei steht und die Hintergrundgefährdung minimiert ist, andere Stücke nicht zu schaden kommen und ein Kugelfang vorhanden ist.

Das Stück kann so mit Hilfe der Nachtsichtgeräte einwandfrei angesprochen werden. Der Jäger hat die Möglichkeit zu seiner Nachtjagdbüchse zu greifen, dass eben angesprochene Stück durch sein 56er Glas bestmöglich aufzufassen und zu strecken.
Bei Nacht werden Entfernungen zumeist verkannt und auch das Schießen bei Nacht birgt andere Anforderungen. Auch hier können Nachtsichtgeräte helfen, die richtige Entfernung im Vorfeld besser bewerten zu können. Durch die klaren Bilder eines guten Restlichtverstärkers kann der Jäger anhand der Situation durch Umgebungsrelationen Entfernungen und Abstände besser nachvollziehen.
Es ist damit nicht von der Hand zu weisen, dass diese Möglichkeiten der Nachtsichtgeräte waidgerechtes Jagen bei Nacht de facto erst ermöglichen.

TIR

Technische Nachsuche und Tierschutz

Unter dem Aspekt der Waidgerechtigkeit lassen sich weitere Einsatzmöglichkeiten von Nachtsehgeräten herausstellen: Genannt sei hier die Möglichkeit der technischen Nachsuche. Vor allem ein leistungsstarkes Wärmebildgerät lässt Schweiß am Anschuss in der Dunkelheit sichtbar werden. Einer Schweißspur kann damit gefolgt werden. Ein verendetes Stück ist vom Anschuss aus selbst durch Bewuchs auch bei Nebel in hundert Meter Entfernung auszumachen. Selbst ein Wundbett ist auf eine gewissen Entfernung noch zu finden. Dem Jäger bietet sich also hier eine Möglichkeit effektiv direkt vor Ort durch die Nacht nachzusuchen, ohne am nächsten Morgen mit dem Hund durchs Unterholz die Suche beginnen zu müssen.
Wenn im Frühjahr die ersten Wiesen blühen und die Vegetation erwacht, wird die Mahd nicht lange auf sich warten lassen. Dem Kampf der Kulturlandschaft gegen die Suksession fallen jedoch jedes Jahr Kitze und Bodenbrüter zum Opfer. Da Wärmebildgeräte auch bei Tag genauso wie in der Nacht ein zuverlässiges Thermalbild liefern, lassen sich die Tiere in der hohen Wiese finden und vor dem sicheren Tod retten. Eine effektive Möglichkeit die Aussicht auf Erfolg bietet, selbst wenn junge Kitze fest am Boden gekauert keine Regungen zeigen. Selbst der nicht jagdlich geschulte Landwirt kann somit dem Tierschutz relativ einfach Rechnung tragen.

Wildschadensverhütung

Auch zum Thema Wildschadensverhütung können Nachtsichtgeräte einen positiven Nutzen erbringen. Mit Wärmebildgeräten lässt sich auch über größere Entfernungen Wild im Maisschlag oder im Roggen ausmachen. Schnell lassen sich mit Hilfe der Technik größere Flächen überwachen. Schwerpunkte in der Bejagung sind räumlich und zeitlich herausstellbar. Effektive Bejagungsmethoden lassen sich auf die präzisen Beobachtungsergebnisse durchs Getreide entwickeln und abstimmen. Wildschaden lässt sich damit durch ein frühzeitiges Erkennen des Wildes entgegensteuern und minimieren. Mittlerweile gibt es diesbezüglich ebenfalls Wärmebildtechnologien in Verbindung mit Kleinstdrohnen, durch die sich landwirtschaftlich genutzte Großflächen überwachen und kontrollieren lassen. Was futuristisch klingt, ist in manchen Regionen mittlerweile gute gängige Praxis und stößt bei Landwirtschaftsbetrieben auf ein ausschließlich positives Echo. Gesellschaftsjagden, wie Maisjagden lassen sich so effektiv und kurzfristig planen und erfolgreich mit sehr hohem Jagderfolg umsetzen. Gut geplant, lässt sich dadurch ebenfalls der Sicherheitsfaktor für Jäger und Hund durch den Einsatz dieser technischen Mittel erhöhen. Methoden der Intervalljagd lassen sich wesentlich effektiver gestalten und ein positiver Nutzen ist für professionelle Jäger, Jagdgäste und Landwirte zu erzielen.

Ausblick

In Gänze bereichern Nachtsichtgeräte durch ihre vielseitigen Möglichkeiten eine waidgerechte Jagd bei Nacht und lassen sie in manchen Bereichen sogar erst möglich erscheinen. Während in anderen Ländern Nachtsichtgeräte selbstverständlich genutzt und geschätzt werden, hat es die deutsche Jägerschaft schwer sich mit modernen technischen Lösungen anzufreunden. Viele Jäger verschweigen daher auch offiziell, dass sie Nachtsichtgeräte von bekannten Firmen wie PULSAR, FLIR, oder NITEHOG besitzen und erfolgreich anwenden. Aller Waidgerechtigkeit und Legalität zum Trotz wird es jedoch sicher noch eine Weile dauern, bis moderne Nachtsichttechnologien in der öffentlichen Meinung von Jägerschaft, Politik und Bürgern als positives Medium etabliert haben.

 
AFJS