Die Nachsuchearbeit unterliegt ganz eigenen Gesetzen. Vor allem ist viel Verständnis für die anspruchsvolle Aufgabe von Nöten. Horst Müller, 23 Jahre lang bestätigter Schweißhundeführer, erklärt die wichtigsten Grundlagen.

Für einen eingearbeiteten Schweißhund ist es kein Problem selbst noch nach 48 Stunden eine Fährte auszuarbeiten. Herabfallende Hautzellen halten sich ca. 36 Stunden und Blutkörperteilchen sogar bis zu 120 Tage. Damit enthält in der Regel eine kranke Kaltfährte auch genügend Fäulnisgase, die selbst bei einer Schneedecke vom Hund noch gut wahrzunehmen ist. Dennoch sind auch Schweißhunde keine Zauberer.

Die Leistungsfähigkeit ergibt sich aus dem Gespann zwischen Hund und Herr. Ein Schweißhund muss in der Lage sein eine kalte Krankfährte auszuarbeiten und dazu nicht zwingend Schweiß brauchen. Der Schweißhundeführer muss nicht nur körperlich fit, sondern auch jederzeit einsatzbereit sein.
Liegt das beschossene Stück nicht in Sichtweite, handelt es sich um einen schwierigen Fall, dann geht ganz klar der Tierschutz vor. Mit Hobbyhundeführern am Wochenende ist der Sache aber nicht dienlich geholfen, wenn Jäger kompetente Hilfe benötigen. Hier empfiehlt es sich daher einen Experten die Arbeit zu überlassen, am besten einem bestätigten Schweißhundeführer. In Niedersachsen muss beispielsweise ein behördlich bestätigter Schweißhundeführer im Jahr mindestens acht erfolgreiche Nachsuchen, inklusive einer Hetze, nachweisen. In vielen Bundesländern sind die bestätigten Schweißhundeführer berechtigt mit Waffe und Hund über Jagdgrenzen hinweg nachzusuchen. Selbst der dazu eingesetzte Hund ist dabei oft jagdbehördlich erfasst. In Hochwildrevieren haben sich daher Nachsuchengespanne zu Schweißhundestationen organisiert. Die Kontaktdaten sind hier öffentlich leicht zu erfragen, so dass auch immer nachgesucht werden kann.

Verhalten nach dem Schuss

Grundlage für eine erfolgreiche Nachsuche ist das Verhalten des Schützen. Vor allem gilt es Ruhe zu bewahren. Konzentriert Sehen und Hören ist nun das Gebot der Stunde. Der Stand und ggf. der Anschuss wird verbrochen und die Beobachtungen vor Ort mit dem Nachsucheführer besprochen. Es verbittet sich den Anschuss selbst zu betreten und zu untersuchen. Je nach geschilderter Situation und Zeichnung des Stückes kann eine kurze Bergungsnachsuche im Anschluss von 100m bis 200m durchgeführt werden. Alle übrigen schwierigen Fälle werden frühestens nach 4 Stunden oder besser noch erst am nächsten Tag durchgeführt.
Ist das beschossene Stück getroffen, weiß es meist nicht was ihm plötzlich fehlt. Die Verbindung zwischen Mensch und Schuss kann nicht hergestellt werden. Das Stück sucht die nächste Deckung auf und tut sich nieder. Erfährt es Ruhe, bleibt es in der Regel im ersten Wundbett sitzen und verdämmert im Wundfieber. Aus diesem Wundbett sollte es nicht mehr aufgemüdet werden und sich unnötig auf der Flucht quälen. Dass aber ist genau die Gefahr, wenn Jäger, in Hoffnung einer kurzen Nachsuche, den Anschuss direkt im Anschluss selbst untersuchen oder gar selbst ohne Hund nachsuchen. Getrieben von der puren Furcht erwacht auch ein krankes Stück wieder zu neuem Leben und versucht eine möglichst große Wegstrecke hinter sich zu bringen. Diese Qualen sind dem Stück zu ersparen.
Durch das schnelle eigenmächtige Untersuchen des Anschusses, wie beispielsweise durch unnötiges Kreisen, vertrampelt man außerdem die Fährte und verteilt die unsichtbaren Partikel. So kann es zum Legen einer falschen Fährte kommen. Wichtiger als der Anschuss selbst ist die Richtung in welche das Stück geflüchtet ist. So hat man später die Möglichkeit nach Pirschzeichen zu suchen. Das Stück steift an markanten Geländepunkten, wie Gräben, Dickungen, Bäumen und Getreide Schweiß ab und hinterlässt hier zumeist eben auch Pirschzeichen. Dem Nachsucheführer erleichtert dies in der Folge die Arbeit in der beobachteten Richtung genau danach zu suchen.

Wichtige Fakten zur Nachsuche

Um weiteres Verständnis für diese Arbeit zu entwickeln, sollte man folgende Fakten im Hinterkopf behalten. Ob später eine Trophäe an der Wand hängt, interessiert nicht. Wichtig ist, dass das beschossene Stück nachgesucht wird. Dabei unterliegen Schweißhundeführer einem Ehrenkodex, mit einer selbst auferlegten Schweigepflicht. Namen und Reviere werden nicht genannt, besondere Erlebnisse nur als Erfahrung weitergegeben. Der Einsatz eines nicht brauchbaren Hundes zur Durchführung einer Nachsuche stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld belegt werden. Der Jagdleiter ist auch in jedem Fall dafür verantwortlich, dass ein brauchbarer und damit geprüfter Jagdhund zur Verfügung steht. Im Rahmen der Nachsuche ist der Nachsucheführer weisungsbefugt. Vor den stellenden Schweißhund gibt der Hundeführer den Fangschuss ab, da er in der Regel mit nicht splitternder Munition ausgerüstet ist.

Abschließend gilt grundsätzlich deshalb die Regel: Findet man am Anschuss keinen Lungenschweiß oder eine Menge arteriellen Schweiß, muss ein brauchbarer Hund eingesetzt werden.

Horst Müller