(MG) Im folgenden Artikel möchten wir gerne den theoretischen Grundstein für das Arbeiten mit Absehen und Optiken legen. Ein sehr wichtiger Bestandteil der Optik ist das Absehen. Das Absehen ist die visuelle Verbindung des Schützen mit der Optik und somit auch zur Waffe. Über das Absehen entscheidet der Schütze wo er treffen, wie er die Kugel platziert will und es hilft ihm in schwierigen Schusssituationen richtig zu handeln. Aus diesem Grund werden wir die Geschichte der Absehen und moderne Entwicklungen genauer für Sie darstellen, um Ihnen die Entscheidung für eines der unzähligen Absehen zu erleichtern. 

Wieso sollte man sich überhaupt mit der Optik und den dazugehörigen Absehen beschäftigen werden sich sicherlich einige fragen? Die Optik ist in der Regel das schwächste Glied in der Kette, der am Schuss beteiligten Elemente einer Waffe. Die Optik und das dazugehörige Absehen sind oftmals entscheidend für das Gelingen eines Schusses. Durch die Wahl einer schlechten Optik und des falschen Absehens, können Sie ganz schnell den Nutzwert Ihrer teuren Jagdwaffe verringern; oder umgekehrt Sie können durch die Wahl der richtigen Optik den Nutzwert Ihrer Waffe erheblich verbessern. Wir nutzen die alten Jagdwaffen unserer Vorfahren oder günstige Produkte, versuchen jedoch diese durch zweckmäßige Optiken aufzuwerten. Um den Brückenschlag zu guten Optiken und deren richtigen Einsatz zu bekommen möchten wir Ihnen gerne die verschiedenen Absehen näher bringen.

Die Anfänge von Absehen und Zielfernrohren

  • Die Entwicklung von Absehen geht ganz eng mit der Entwicklung von Zielfernrohren einher. Daher möchten wir diese gerne kurz darstellen. Zum leichteren Verständnis haben wir noch zusätzlich die nebenstehende Grafik erstellt. Weitere Ausführungen zur historischen  Entwicklungen von Zielfernrohren finden Sie auf der Seite von Michael Hammer oder von Zeiss.
  • Die ersten Versuche mit optischen Hilfsmitteln das Zielen mit Waffen zu erleichtern werden 1750 erwähnt. Damals versuchte man durch das Anbringen von einfachen optischen Hilfsmitteln, wie Brillen oder anderen geschliffenen Gläsern, das Zielen zu erleichtern.
  • 1890 wurden die ersten ernst zu nehmenden Zielfernrohre von der Firma Hecke in Berlin gefertigt. Weitere Hersteller folgten dem Vorbild und stellten nun zylindrische Zielfernrohre her. Die Entwicklung von Prismen-Zielfernrohren verlief im Sande.
  • Kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges kamen die ersten Zielfernrohre mit variabler Vergrößerung auf dem Markt. Diese wurden verstärk für das Militär produziert.
  • Mit den Erfahrungen aus dem Scharfschützenwesen des ersten Weltkrieges entschlossen sich Vertreter der Industrie am 1. Oktober 1920 im Berliner Hotel Continental zu einer Vereinheitlichung im Optikbau. Folgende Standards wurden festgelegt:
    • Normalmodelle : Mindestlänge 26 cm, Mittelrohr 26,5 mm, Okular 38 mm, Objektiv je nach Vergrößerung 30, 35, 46 oder 56 mm.
    • Zwergmodelle bis 4-fach : Mindestlänge 26 cm, Mittelrohr 22 mm, Okular 30/35 mm, Objektiv  je nach Vergrößerung 26,5 oder 30 mm.
    • Die Absehenverstellschraube für das in der ersten Bildebene liegende Absehen sollte rechtsgängig sein.
    • Als Normalabsehen wurde das Absehen 17 ( heute Absehen 1 ) festgelegt, der Abstand zwischen den beiden waagerechten Drähten sollte 70 cm auf 100 m entsprechen.
    • Der Augenabstand sollte einheitlich 8 cm betragen. (vgl. Michael Hammer)
  • Ebenfalls im Jahr 1920 wurden die ersten Versuche mit beleuchteten Absehen unternommen und der Optikhersteller Josef & Jan Fric war einer der ersten Produzenten von Leuchtabsehen weltweit.
  • Ab dem Jahr 1930 kamen die ersten serienreifen Zielfernrohre in die Massenproduktion und eroberten den Markt.
  • 1970 Einführung moderner MilDot-Absehen beim US Marine Corps und anderen Streitkräften.

Zeitstrahl Absehen

Welche Absehen gibt es und wofür können diese verwendet werden?

Stammbaum Absehen

Auf der nebenstehenden Grafik sehen Sie eine Variante, die unzähligen Absehen und die Unterformen der Absehen zu kategorisieren. Grundsätzlich kann man eine Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Absehen treffen, da diese verschiedenen Absehen aus unterschiedlichen Beweggründen und für verschiedene Zwecke entwickelt wurden.

Zivile Absehen sind in der Regel bewusst einfach gehalten, da der Einsatzzweck dieser Absehen meist sehr einfach ist. Ein Jäger und viele Sportschützen schießen auf Entfernungen bis 200 vielleicht 300 Meter. Hierfür wird ein einfaches Absehen, welches das einfache und sichere Zielen auf diese mittleren Entfernungen ermöglicht, benötigt. Seite mehreren Jahren auf dem Markt der Sportschützenoptiken und seit kurzem auch bei den Jagdoptiken kann ein Trend hin zu BDC-, Strich- oder MilDot-Absehen beobachtet werden. So hat die Firma Horus ein sehr aufwendiges Absehen auf dem Markt gebracht, welches sehr leistungsfähig aber auch komplex ist. Die gängigsten Standard-Absehen für die Jagd in deutschen Revieren sind das Absehen 1 und 4.

Absehen 1 und 4
Scale und Dot Absehen

Die andere große Kategorie der Absehen sind die taktischen Absehen für behördlichen und militärischen Einsatz. Wenn man sich in diesem Feld bewegt, steht man vor einer gar unüberschaubaren Vielfalt von Absehen. Grundsätzlich hat man zwei Kategorien, die ballistischen und die Entfernungsabsehen. Die Wortwahl der Kategorien haben wir selber getroffen, es gibt natürlich unzählige Möglichkeiten diese Absehen zu kategorisieren. Bei ballistischen Absehen sprechen wir von den BDC-Absehen (Ballistic Drop Compensation) und den SVD type Absehen (z.B.: Dragunov-Absehen), welche primär für Schüsse auf hohe Distanzen und zum Ausgleich von Wind gedacht sind. Die Entfernungsabsehen wurden konstruiert, um Entfernungen schätzen und auf große Entfernungen wirken zu können. Die verschiedenen Absehen zum Schätzen von Entfernungen unterscheidet man nach Mil-, MOA- und Strich-basierten Absehen und hier nochmal nach Dot- oder Scale-Absehen. Mil-, MOA bzw. Strich-Absehen, steht hierbei für die der Abmessung des Absehens zugrundeliegenden Maßeinheit (MOA: Minute of Angle, Mil: mili Radiant, Strich: schweizer Artilleriepromill).

Welches Absehen benötige ich?

Um sich diese Frage zu beantworten, müssen Sie sich über den Einsatzzweck Ihres Absehens bewusst werden. Schießen Sie üblicherweise auf bekannte Distanzen nicht weiter als Ihre GEE, lohnt sich die Investition in BDC-, Dot- oder Scale-Absehen i.d.R. nicht. Hier sollten Sie sich für ein einfaches Duplx- oder Crosshair-Absehen entscheiden, diese reichen vollkommen aus und sind i.d.R. bei jedem Hersteller zu haben.

Möchten Sie gerne sportlich auf Distanzen über 300 Meter schießen, so können Sie über den Kauf eines BDC o.ä. Absehen nachdenken. Haben Sie ein Revier in dem Sie häufig gezwungen werden Entfernungen zu schätzen, kann die Investition in Entfernungsabsehen behilflich sein. Alle Absehen, die es Ihnen ermöglichen Entfernungen zu schätzen, können Sie zudem für Schüsse auf hohe Distanzen einsetzen. Bei der Wahl des Entfernungsabsehens spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Wir empfehlen ein möglichst einfaches Mil-Absehen zu verwenden, welches in der ersten Bildebene liegt. Das Maß Miliradiant lässt sich einfach auf das uns gebräuchliche metrische System anwenden und durch die Lage des Absehens in der ersten Bildebene müssen Sie bei einem Vergrößerungswechsel nicht anfangen die Abmessungen des Absehens neu zu berechnen.

BDC und SVC Absehen
Horus Tremor 3

Horus Tremor 3

In einem weiteren Artikel werden wir genauer erklären, wie man mit Hilfe eines Entfernungsabsehen, Entfernungen schätzen, Vorhalte berechnen und auf höhere Distanzen schießen kann und welche Anwendung diese Absehen in der Praxis haben. Um Ihnen einen kleinen Vorgeschmack zu geben werden wir Ihnen kurz die Grundzüge des Horus Tremor 3-Absehens zeigen, damit Sie ein erstes Verständnis für die Entfernungsabsehen erhalten.

Auf dem Markt gibt es, wie oben bereits dargestellt, vielerlei verschiedene Entfernungsabsehen. Eine Absehenserie, die sich immer mehr Beliebtheit erfreut, ist die Tremor-Absehen-Serie der Firma Horus. Horus stellt Absehen her, die überwiegend auf dem System des Miliradiant aufgebaut sind und dem Schützen Vorhaltemarken bieten, die ihm zu einem schnellen Schuss verhelfen sollen, ohne die Absehenschnellverstellung nutzen zu müssen. Wenn Sie sich die nebenstehende Grafik ansehen, erkennen Sie das Tremor 3-Absehen; dieses besteht aus vielen kleinen Strichen und Zahlen. Um nicht zu weit ausholen zu müssen, merken Sie sich, dass der Abstand zwischen zwei langen Strichen einem Mil entspricht und der Abstand zwischen zwei kurzen Strichen 0,2 Mil darstellt (0,1 Mil entspricht 1cm auf 100m und 0,1 Mil entspricht 3cm auf 300m).

Beispiel Horus Absehen

Um zu zeigen, wie man mit dem Absehen vorhalten kann, nehmen wir ein fiktives Beispiel einer Waffen-Munitions-Kobination (für eine vereinfachte Rechnung). Unsere Waffe wurde auf 100m Fleck angeschossen und das Geschoss fällt auf 300m um 30cm ab. Nun möchten wir gerne den Vorhalt errechnen, um auf ein querbewegliches Ziel mit 20km/h in 300m Entfernung zu schießen.

20 km/h = 5,6 m/s

das Geschoss fliegt auf einer Strecke von 300m 0,39 s,

das Ziel legt in dieser Zeit somit eine Strecke von

5,6 m/s X 0,39 s = 2,184 m zurück,

umgerechnet in Mil ergibt sich für die Entfernung von 300 m

218 cm / 30 cm = 7,3 Mil Vorhalt

Wie kann ich das Ganze jetzt auf mein Absehen übertragen? Um dem Geschossabfall von 30cm zu kompensieren muss ich 30cm höher anhalten. 30cm entsprechen auf 300m 1 Mil, sprich ich verlege meinen Haltepunkt um einen Mil nach unten (erster Pfeil). Um genügend Vorhalt zu haben muss ich 2,18m also 7,3 Mil vorhalten (zweiter Pfeil, bei einem Ziel welches sich von rechts nach links bewegt).

Dieses, zugegeben sehr konstruierte und jagdlich weniger relevante Beispiel, soll eine Anwendungsmöglichkeit des Horus/ Entfernungsabsehens darstellen. Natürlich hat das Absehen noch deutlich mehr Funktionen. Zur Erläuterung haben wir ein Video der USMC Scharfschützenlegende Todd Hodnett beigefügt; Er hat diese Absehen maßgeblich mit entwickelt und erklärt in seinen Videos wie man mit diesen Absehen arbeiten kann. Welches Entfernungsabsehen man verwenden möchten, ist eher eine Philosophiefrage und kann nicht befriedigend beantwortet werden. Wir schlagen vor, dass Sie sich vor dem Kauf einige Absehen anschauen und dann entscheiden, ob Sie so etwas auch wirklich benötigen.

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