In diesem Artikel wollen wir uns mal nicht der Schießtechnik widmen, sondern der Schussplatzierung und dabei klären, wie der perfekte Schuss aussieht. In der internationalen Literatur gibt es bereits sehr viele Untersuchungen zu dem Thema und viele sehr anschauliche Grafiken. Wir haben die meist englischsprachige Literatur für Euch ausgewertet und auf das deutsche Wild übertragen.
Doch wofür braucht man die Theorie des Shotplacement oder Shotplacementcards? In Grunde genommen geht es darum schneller zu werden. Schneller Ziele identifizieren zu können, um dann schneller einen sicheren Treffer zu platzieren. Der eine oder andere kennt die Shotplacementcards vielleicht bereits aus der Zeitschrift Wild und Hund. Die Zeitschrift hat bereits vor einigen Jahren Taschenkarten mit Vorhaltemaßen für querbewegliches Wild erstellt. Die Shotplacementcards von Mr. Robertson haben den gleichen Grundgedanken, es geht darum die ideale Trefferplatzierung zu visualisieren und über ständiges Wiederholen der Bilder, diese im Unterbewusst zu verankern. Nebenbemerkung: Mr. Robertson hat eine hervorragende Dokumentation zum Thema gemacht, diese finde Sie in dem YouTube Video auf der rechten Seite.
Der Merkspruch war immer: „Überleben auf dem Gefechtsfeld basiert auf der Fähigkeit schnell und präzise zu treffen“ oder „wer schneller schießt und besser trifft, überlebt“. Auf der Jagd ist es weniger dramatisch aber der jagdliche Erfolg hängt maßgeblich davon ab in kurzer entschlossen eine Entscheidung herbeizuführen. Wir werden einige Situationen auf Bildern darstellen, die Sie als Shotplacementcards benutzen können, um zukünftig nicht mehr über die korrekte Treffpunktlage nachdenken zu müssen. In der Geschichte findet man viel Beispiele für diese Form der Ausbildung/ Visualisierung. Z.B.: haben wir in einer alter Wehrmachtsformschrift „Des Jägers Schiessfibel“ interessante Anschauungsbeispiele gefunden, hier klicken.
Wie tötet man Wild?
Bevor wir uns die Regeln gemeinsam erarbeiten wollen wir erstmal klären, welchen Schuss zum Töten von Wild geeignet ist. Aus dem Buch von Dr. Kevin Robertson „Shot Placement“ geht hervor, dass der Doppelllungenschuss am besten geeignet ist, um eine augenblickliche Tötungswirkung herbeizuführen. Durch diesen Schuss kollabieren die Lungen und die Sauerstoffzuvor wird augenblicklich unterbrochen, wodurch das Tier nicht mehr weit flüchten kann. Ein Herzschuss sitzt sehr tief im Körper und kann noch zu sehr langen Fluchten führen, da viele weitere Vitalsysteme noch intakt sind. Einen Kopfschuss möchten wir ausschließen. Somit können wir an dieser Stelle schon mal die erste Regel für die Schussplatzierung festhalten:
#1 Nutze den Doppellungenschuss/ Lungenschuss
Der Schuss auf ein querstehendes Ziel
Doch wie garantiert man einen Treffer der Lungen? Hierfür hat Dr. Robertson auch eine schöne visuelle Hilfe entwickelt, das sog. „Vitale-Dreieck“. Das Vitale-Dreieck spannt sich zwischen den Punkten: a. Ellenbogen, b. Schultergelenk und c. Spitze des Schulterblatts/ Blatt auf. Im Schwerpunkt des Vitalen-Dreiecks liegt der ideale Treffpunkt bei Wild, welches in einem 90° Winkel zum Schützen steht. In manchen Fällen kann man die Konturen der Knochen, dies ist jedoch nicht immer gegeben.
Ein anderes gutes visuelles Hilfsmittel für die Absehenplatzierung ist die Blattlinie. Die Blattlinie teil den Wildkörper in zwei Hälften. Der Zuvor beschriebene Schwerpunkt des Vitalen-Dreiecks liegt zwischen der Blattlinie und der Linie, die den Wildkörper drittelt, sowie der Linie, die den Vorderlauf teilt. Hieraus folgen zwei weitere Regeln:
#2 Platziere Dein Absehen zwischen der Blattlinie und der Linie, die den Wildkörper drittelt.
#3 Platziere Dein Absehen auf der Linie, die den Vorderlauf teilt.
Aus unserer Sicht ist es nicht falsch von dieser Regel abzuweichen und das Absehen auf den Schnittpunkt der Blattlinie mit der senkrechten, die kurz hinter dem Vorderlauf verläuft, zu platzieren. Auf der Seite sehen Sie ein Beispiel für die Platzierung eines Absehens auf dem Wildkörper, für Wild, welches in einem 90° Winkel zu Ihnen steht.
Der Schuss in einem 45° Winkel von vorne oder hinten
Was soll man machen, wenn das Wild in einem Winkel von 45° von vorne beschossen wird? Bei diesem Schuss gibt es diverse Aspekte, die eine Rolle spiele. So muss man den Weg des Projektils durch den Wildkörper richtig beurteilen und einschätzen können, wie sich das verwendete Projektil verhält. Hierzu gibt es ein schönes Zitat:
„When it comes to killing game, a three-thousand-dollar rifle with a three.thousand dollar scope is worth no more than it’s bullet“ Finn Aagaard
Herr Aagaard spielte mit diese Aussage auf den Sachverhalt, dass moderne sehr schnell expandiere Projektile oft nicht geeignet sind ein Stück im 45° Winkel zu beschießen, da auf dem des Geschosses durch den Wildkörper viele Knochen im Weg. Diese Knochen sorgen dafür, dass sich das Projektil sehr früh aufpilzt und schlimmstenfalls in dickeren Knochen hängen bleibt ohne das Wild richtig zu töten. In diesem Fall ist es umso wichtiger schnell für den Folgeschuss bereit zu sein.
Auch bei Stücken, die nicht in einem 90° Winkel zum Schützen stehen, nimmt man die Blattlinie als Referenzpunkt für die Horizontale allerdings verschiebt sich der visuelle Ankerpunkt. Auf der nebenstehenden Grafik haben wir versucht die Senkrechte zu verdeutlichen. Sie sehen, wie sich der Haltepunkt mit zunehmendem Winkel des Stückes zum Schützen nach vorne bzw. hinten verschiebt. Somit gilt folgende Regel für ein Stück, welches man in einem 45° Winkel von vorne beschießt:
#4 Platziere das Absehen auf dem Schnittpunkt des Absehens und der Senkrechten, die an der Innenseite des äußeren Vorderlaufs verläuft.
Umgekehrt verhält es sich, wenn man ein Stück beschießt, welches man aus einem 45° Winkel von hinten beschießt; hier gilt folgende Regel:
#5 Platziere das Absehen auf dem Schnittpunkt der Blattlinie und der Senkrechten, die an der Innenseite des äußeren Vorderlaufs aufsteigt.
Der Schuss von vorne oder hinten
An der Grafik sieht man, dass Schüsse in einem 45° Winkel bereits gefährlich nahe an Organen vorbeikommen, die wir eigentlich nicht treffen möchten. Aus diesem Grund gilt die Regel 6:
#6 Schüssen in einem Winkel zwischen 45° und 0° sollen unterbleiben
Bei Schüssen steilen von vorne oder hinten riskiert man eine sehr hohe Wildbretentwertung und nur ein leichter seitlicher Versatz führt zu Fehlschüssen bzw. zu Schüssen, die nur einen Lungenflügel treffen. Aus unserer Sicht sollte dieser Schuss nicht angewendet werden, es sei denn das Stück wurde bereits verwundet und man ist gezwungen einen Fangschuss anzutragen.
Ebenso verhält es sich mit Schüssen unmittelbar von hinten sog. „Texas Heart Shots“. Mal davon abgesehen, dass man eine sehr kleine Trefferfläche hat, verletzt man bei diesem Schuss viele Organe, die man nicht in Mitleidenschaft ziehen möchte. Sollte man sich für diesen Schuss entscheiden, weil man das Stück bereits verwundet hat, muss man darauf achten, dass man Geschosse verwendet, die tief eindringen können.
Der Schuss hoch oder runter
Diese Situation kommt häufiger vor als man sich vorstellen mag. Wer viel von Hochsitzen jagd oder mit dem Klettersitz in Waldverjüngungen jagen geht, kennt diese Situation. Schießt man in einem steilen Winkel hoch oder runter, muss man sich darüber bewusst sein, dass man nicht dort trifft, wo man anhält. Gasti hat hierzu bereits ein Video für unseren YouTube Kanal gemacht. Eine Lehre aus dem Video ist, dass man ab einem Winkel von 20° den Haltepunkt verlagern muss. Viele Schützen können dies nicht und aus diesem Grund gibt es die nächste Regel:
#7 Schüssen mit einem Winkel über 20° sollte man vermeiden, wenn man die Treffpunktverlagerung nicht beherrscht!
Schießt man aus einer Überhöhten Position mit einem Winkel größer 20° können die meisten Schützen die Treffpunktlage nicht mehr richtig einschätzen und fehlen häufig. Doch welche Regeln gelten für die Winkelschüsse? Die nebenstehende Grafik zeigt auf einfache Art und Weise zwei Regeln für Schüsse von unten oder oben auf ein dreidimensionales Ziel:
#8 Bei Schüssen von oben nach unten muss man höher anhalten
#9 Bei Schüssen von unten nach oben muss man tiefer anhalten.
Diese beiden Regeln gelten, wenn man die Blattline als Referenz für den horizontalen Haltepunkt nimmt. Einfacher ist es, wenn man als horizontale Linie die Hälfte des Wildkörpers nimmt. Jetzt machen wir uns mal den Spaß und kombinieren verschiedene Standardsituationen miteinander und versuchen eine Lösung dafür zu finden.
Kombinationen von Schusssituationen
Schießt man nach unten auf ein Stück, welches im 45° Winkel zum Schützen steht, muss man die Regeln #4 bzw. 5 und #8 kombinieren. Die horizontale Hilfslinie teilt den Wildkörper mittig. Die senkrechte Linie steigt an der Innenseite des äußeren Vorderlaufs auf. An der Stelle, wo sich beide Linie schneiden, halten wir an.
Dieses Beispiel dürfte ein sehr populäres Beispiel sein. Es gibt unzählige weitere Beispiele, wir werden diese in einem Video anhand realer Bilder für Euch darstellen.
Zusammenfassung
Diese Form der Visualisierung von Haltepunkten ist aus unserer Sicht sehr sinnvoll hilft Euch dabei schneller zu werden. Dadurch, dass die Visierbilder im Unterbewusstsein verankert werden, kann man in stressige Situationen schnell und ohne viel nachzudenken, den richtigen Haltepunkt finden.
Üben kann man diese Form des Schießens mittels Kartons. Auf unseren Seminaren machen wir stets Übungen zum Schießen auf dreidimensionale Ziele. Ein Beispiel dafür findet Ihr in Gastis Video (weiter oben im Artikel) oder in Gastis Onlinekurs zur Vorbereitung auf die Drückjagdsaison (Link unten bei empfohlenen Artikeln). Natürlich hat Gasti auch einen Auszug aus dem Onlinekurs zum Thema 300m Schießen für Euch auf YouTube veröffentlicht. Der Videoausschnitt behandelt das Thema dieses Blogartikels:
Super Artikel
So klappt es auch wenn das Wild mal nicht breit steht.
Danke Dir Oli!
BG Gasti