Der Lauf bestimmt maßgeblich die Präzision einer Waffe. Zusammen mit dem Schaft bildet er die Einheit die in perfekter Symbiose gute Präzision ausmacht. Die Faktoren eines Laufes, die über die Präzision entscheiden sind umfassend nur hochwissenschaftlich zu beschreiben. Daher ranken sich auch viele Mythen und Diskussionen, befeuert durch findige Marketingabteilungen, um die Beschaffenheit von Läufen. Wir beschreiben Ihnen in diesem Artikel die wichtigsten Merkmale in der Theorie und beschreiben ihre Auswirkungen in der Paxis.
Damit wir uns diesem komplexen Thema nähern können, unterscheiden wir zunächst Büchsenläufe in der Länge und in der Stärke, also dem Durchmesser. Der Lauf entscheidet als schwerstes Bauteil auch über das Gewicht. Weiterhin gibt es in der Form kannelierte oder runde Läufe, worauf wir kurz eingehen wollen. Auch den mittlerweile unterschiedlichen Farbgebungen werden wir uns kurz widmen. Damit wollen wir hier all die Faktoren kurz darstellen, die in der Theorie über die Präzision Ihrer Waffe entscheiden und einen Blick darauf werfen welche Auswirkungen sich in der Praxis daraus ergeben.
Lauflänge
Der gezogene Büchsenlauf sorgt für die Rotation und liefert damit die Stabilität des Geschosses auf dessen Flugbahn. Je länger der Lauf ist, desto länger kann das Geschoss auch durch die Züge und Felder in Rotation um die eigene Achse gesetzt werden. Die jeweilige Dralllänge (Weg des Geschosses im Lauf, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen) der Züge und Felder im Lauf entscheiden darüber, wie oft das Geschoss in Rotation versetzt wird. Grundsätzlich lässt sich daher festhalten, dass längere Läufe in der Regel zu mehr Rotation und damit zu größerer Stabilität der Geschossflugbahn führen. Für Schießen über größere Distanzen ist ein längerer Lauf (ggf. mit kurzer Dralllänge) aus innenballistischer Sicht folglich am zweckmäßigsten. Wir empfehlen daher die Verwendungen von längeren Läufen den Jägern die mehrheitlich auf größere Distanzen jagen.
Als gängige Lauflängen haben sich bei Jagdbüchsen 51cm, 56cm und 61cm bei vielen Herstellern als Standardlängen etabliert. Es gibt aber auch deutlich kürzere Lauflängen von bis zu 45cm und Läufe die jenseits der 62cm Marke liegen. Für unsere Bedürfnisse scheiden die beiden letzteren Kategorien als Sonderanfertigungen aus.
Savage Arms 11 FCNS mit 56cm Standardlauf
Jenseits der angesprochenen innenballistischen Auswirkung der Lauflänge entscheidet die Länge des Laufs auch über das Gesamtgewicht und die Gesamtlänge der Jagdwaffe und daher unweigerlich über die Führbarkeit. Je kürzer der Lauf ist, desto leichter ist die Waffe. Kürzere Waffen sind natürlich auch weniger sperrig. In Sachen Führbarkeit bringen kürzere Läufe damit deutliche Vorteile mit sich. In der Praxis wird dies beim Aufbaumen, bei der Bewegungsjagd, bei der Drück- oder Treibjagd von vielen Jägern geschätzt. Einige Hersteller, wie Blaser, werben mit der R8 sogar im Wesentlichen die Führbarkeit aufgrund der kürzeren Waffenlänge und des geringeren Gewichtes (was aber nicht unmittelbar am kürzeren Lauf, sondern an der Bauweise des Systemkastens von kombiniertem Magazin und Abzugsvorrichtung liegt).
Schießtechnisch lässt sich mit einer kürzeren, leichteren Waffe daher auch einfacher anschlagen und nachrichten. Besonders beim freihändigen Antragen des Schusses wird dies deutlich. Leichtere Waffen sind ermüdungsfreier handzuhaben und lassen den Jäger im Anschlag dadurch intuitiver agieren. Diese Vorteile nutzen vor allem viele Jäger bei der Drückjagd auf Schwarzwild, wodurch Lauflängen von 51cm oft als die passenden Lösungen für die Schwarzwildjagd angepriesen werden. Bei Entfernungen von bis zu 100m spielen die innenballistischen Vorteile eines längeren Laufes in der Praxis eine zu vernachlässigende Rolle.
Auswirkungen von Stärke und Geometrie
Ebenfalls zu vernachlässigen ist aus jagdpraktischer Sicht die Geometrie und die Stärke des Laufes. Gerade in diesen Bereichen wird viel diskutiert, was vor allem daran liegt, dass diese Thematiken sehr komplex sind.
Bei der Schussabgabe fängt ein Lauf an axial zu schwingen. Zusätzlich entsteht durch die Schussabgabe Hitze, welche radial auf den Lauf wirkt. Beides beeinflusst daher die Präzision. Je höher die Amplitude des Schwingungen desto größer ist die Abweichung des Geschosses beim Verlassen des Laufes. Die entstehende Hitze hat zur Folge, dass sich das Metall des Laufes durch die thermische Belastung verziehen bzw. in sich verdrehen würde. Lange dünne Läufe schwingen mit einer größeren Amplitude, wogegen kurze, dickere Läufe weniger stark schwingen. Dagegen heizen sich kürzere, dickere Läufe stärker auf. Durch die größere Oberfläche und die geringere Stärke des Materials kühlen sich dünnere, lange Läufe schneller ab. Damit enden wir also physikalisch in einem Debakel, unter dem auf alle Fälle unsere Präzision leidet!?
Dem ist selbstverständlich nicht so – zumindest gemessen an den derzeitigen industriellen Standards und unserem Jagdzweck. Die meisten Standardrepetierbüchsen verfügen heutzutage über einen freischwingenden Lauf, der ein Übertragen der Laufschwingung auf den Schaft und damit der Waffe vermeiden soll. Die Präzision wird damit de facto also nicht erhöht sondern lediglich nicht weiter reduziert. Damit einhergehen muss aber eine stabile, möglichst spannungsfreie Systembettung, damit sich die Waffe nicht verzieht. Für gute Präzision ist daher zwingend darauf zu achten, dass die Waffe einen stabilen Bettungsblock für das System aufweist und der Lauf frei schwingend ist.
Um das Schwingungsverhalten an sich zu optimieren und damit die Eigenpräzision des Laufes zu steigern wurden stärkere Läufe entwickelt, die meist einen Außendurchmesser von 19mm aufweisen. Von den Herstellern werden sie oft als Semi Weight Läufe ausgeschrieben. In der Regel sind sie in etwa 300g schwerer als die 17mm Standardläufe. Auf dem Schießstand wird zumindest von vielen Jägern berichtet, dass es ihnen mit 19mm Semi Weight Läufen einfacher fällt Serien in einem möglich kleinen Streukreis zu schießen. Match Läufe die einen 21mm Außendurchmesser aufweisen, lassen sich demzufolge noch etwas präziser Schießen, finden aber bei uns in der jagdlichen Praxis kaum Anwendung, da die Waffe dadurch sehr schwer wird. Dickere Läufe bringen nun physikalisch wiederum den Nachteil mit sich, dass sie anfälliger für die entstehende Hitze sind.
Farbgebung
Ein ebenfalls relativ neuer Trend ist, dass mittlerweile immer mehr Hersteller ihre Läufe in unterschiedlichen abgestuften Farben bis hin zum blank poliertem Lauf anbieten, um ein besseres Temperaturmanagement zu erzielen. In der Sonne heizen sich die Läufe schneller auf, als sie sich durch die Schussabgabe erhitzen würden. Dadurch ist bei steigender Hitze in der Schussabgabe die Geschossgeschwindigkeit höher. Somit können Abweichungen durch die einhergehende gestrecktere Flugbahn erfolgen. Mit diversen Farbspektren (z.B.: matt, brüniert oder gar blank, poliert) versuchen daher die Hersteller hier entgegenzuwirken. Unter Laborbedingungen und bei direkter Sonneneinstrahlung konnten hier positive Effekte erziehlt werden.
Fraglich bleibt jedoch der praktische Nutzen auf der Jagd. Bei der Pirsch oder dem Ansitz im Wald wird der Lauf der direkten Sonneneinstrahlung nicht unmittelbar und andauernd ausgesetzt. Ein blanker Lauf aber reflektiert zusätzlich. In den sonnenreichen Monaten im Sommer mit hohen Temperaturen ist aus unserer Sicht jagdpraktisch kaum ein Vorteil aus besserem Temperaturmanagement des Laufes durch Farbgebung zu erzielen, da deckungsreiche, schattenspendende Ansitze oder die Jagd in der Dämmerung fast immer bevorzugt werden. Allerdings kann bei der Gebirgsjagd die Farbgebung durchaus von Vorteil sein. Bei geringen Temperaturen in Höhenlagen und bei fehlendem Bewuchs ist hier durchaus die direkte Sonneneinstrahlung und die Erwärmung des Laufes von größerer Bedeutung für die Präzision. Da hierbei grundsätzlich auch auf größere Distanzen geschossen werden muss, kann hier durchaus die Farbgebung zum besseren Temperaturmanagement beitragen.
Ausblick
In den letzten Jahren haben Hersteller wie Merkel oder Blaser für ihre Modelle Helix und R8 oder R93 Take Down Modulbauweisen entwickelt und damit einhergehend Wechselläufe in ihr Sortiment aufgenommen, wodurch nun jeder Jäger seine Obsession für verschiedene Läufe und Kaliber voll ausleben kann. Der Phantasie scheinen hier kaum noch Grenzen gesetzt zu sein, was natürlich seinen Preis hat.
In der jagdlichen Praxis geht es darum mit jeweils nur einem geziehlten Schuss das Stück zur Strecke zu bringen. Dabei konnten wir, wie viele unsere Jagdkameraden, kaum relevanten Unterschiede anhand der Laufbeschaffenheit feststellen. Fast alle Läufe namhafter Hersteller sind heutzutage freischwingend und ausreichend gut gebettet. Sie sind mit mehr als 10.000 Schuss langlebig und präzise. Farbe und Beschaffenheit der Läufe sind aus unserer Sicht für den von uns definierten Jagdzweck eher eine ästhetische Komponente und beeinflussen die Präzision, die Handhabung und schließlich den Jagderfolg im nicht wahrzunehmenden Ausmaß. Temperatureinwirkungen durch mehrfache Schussfolgen sind vernachlässigbar und wohl lediglich auf dem Schießstand relevant. Wichtig ist eine gute Führbarkeit. Mit knapp über einem Meter und etwas mehr als 3kg Gewicht sind sie gut führbar, zuverlässig und präzise und erfüllen in jeglicher Form unseren Jagdzweck.
Wir nutzen derzeit Jagdwaffen von Savage Arms. Sie erfüllen im Hinblick auf den Lauf und in der Praxis algemein all unsere Bedürfnisse.
Ein ueberaus gelungener Artikel, zu dem ich Sie beglueckwuensche.
Vielen Dank für das Feedback. Wir freuen uns darüber! Ich wünsche weiterhin viel Spass beim Lesen.
Ich hätte gerne gewußt was das Geheimnis von den Blaser Läufen ist. Ich habe einige Waffen getestet und bin Wiederlader, Bei Blaser brauche ich viel weniger Testladungen zu machen um die passende Laborierung zu finden!
Diese Frage kann warscheinlich nur von einem Blaser Ingeneur beantwortet werden. Rein statistisch gesprochen müsste man jedoch eine sehr Große Anzahl von baugleichen Rohren testen um allgemeine Ableitungen aus diesen Tests schließen zu können.
Hallo, wenn man aif einen freischwingend gelagerten
Lauf eine massive Muendungsbremse (relativ schwerer Metallblock) aufschraibt, so aendert sich ja mit Sicherheit die Eigenfrequenz des schwingenden Laufes. Damit einhergehend koennte das Trefferbild dieses Laufes schlechter werden als ohne Muendungsbremse. Gibt es dazu fachkundige Meinungen?
Hallo Peter,
ja die Mündungsbremse ändert das Schwingungsverhalten des Laufs, ebenso machen es auch SD. Dies muss nicht zwangsläufig zu einer Verschlechterung der Trefferergebnisse führen, i.d.R. bleiben die Gruppen gleich. Hier bleibt leider nichts anderes als Probieren.