(MB) In unserem Projekt „Jungjäger sucht Waffe“ erwähnten wir den Erwerb eines Repetierers des Typs RWS 89 im Kaliber 7×64. Die Waffe leistet gute Arbeit. Der alltägliche Einsatz im Revier lässt jedoch den gravierten Schaft leiden und so richtig praktisch ist dieser aus heutigen Gesichtspunkten für uns auch nicht mehr. Daher haben wir uns entschieden, diesen gegen einen Kunststoff-Schaft zu ersetzen.
Die Geschmäcker sind verschieden. Manch einer lässt ein Erlebnis mittels Gravur auf seinem Schaft unsterblich machen. Und ein anderer wird der Waffe gerade mal so viel Aufmerksamkeit zukommen lassen, dass sie gerade noch funktionstüchtig ist. Eine edle Waffe mit Vorzeigecharakter kam für uns als „Erstlingsführer“ nicht in Frage und der Schaft als Schutzstück für das eigentliche System hat mehr handwerklichen Charakter. Was nun tun, um unseren Ansprüchen gerecht zu werden. Bei jeglichem Wetter soll diese RWS 89 uns in unseren ersten Jahren als Jungjäger ein zuverlässiges Werkzeug sein. Da möchte man nicht nach jedem Pirschgang oder einer Bewegungsjagd bei Regen die Schaftpolitur bemühen. Wir haben uns also mit dem Gedanken angefreundet einen Kunststoff-Schaft zu erwerben.
Bei Nachsuchenführern und Durchgehschützen beobachtet und erkundigt, kamen wir zu dem Schluss, dass es für den ein oder anderen gängige Praxis ist Mauser 98 Systeme für ein kleines Geld zu kaufen. Die Läufe werden gekürzt und der Holzschaft wird durch einen Kunststoff-Schaft jeglicher Couleur ersetzt. Wir haben uns an die Herausforderung gewagt, den Schaft eigenständig zu wechseln.
Wer suchet, der findet!
Die Suche begann! Von Orange über Real Tree ist da einiges erhältlich. Das ergab unsere Recherche für den klassischen ´98 er. Was ist jedoch mit dem Typ 89? Als erstes haben wir uns also mit der Geschichte der Waffe beschäftigt. Die Recherche ergab, dass das angesprochene Model vor mehreren Jahrzehnten von Voere, im Auftrag von RWS, hergestellt wurde und auf dem japanischen Howa 1500 System basiert.
Mit dieser Info konnte die Suche beginnen. Und hier beginnt schon die einzige Herausforderung bei dem Projekt, die Händlersuche. Es beschleicht einen sehr schnell das Gefühl, dass „Tuning“- und Ersatzteile für die Rem 700 oder ein ´98er System an jeder zweiten Ecke bezogen werden können. „Exotische“ Exemplare überfordern hingegen selbst einige gut sortierte Fachhändler. Von daher hat es uns sehr gefreut, dass wir im Onlineshop der Grauwolf GmbH nicht nur einen passenden Schaft gefunden haben (man mag es nicht glauben, der einzige Treffer in ganz Deutschland), dieser war sogar auf Lager und sofort lieferbar.
In diesem Sinne können wir jedem Leser nur empfehlen Shops solcher Spezialisten auf dem Radar zu haben.
Der Schaft wurde nach Bestellung ohne Verzögerung geliefert. Der Schaft ist gut verpackt und eine gut verständliche Gebrauchsanleitung auf der Rückseite ermutigt uns das System ohne Hilfe eines Büchsenmachers in Angriff zu nehmen.
Welches Werkzeug benötigt man? Alles in allem sind es wirklich nur eine Arbeitsfläche (Tisch), ein Schraubenzieher, einen Messschieber, ein Dremel, Sandpapier, ein Blatt DIN A 4 Papier und eine Pufferpatrone.
Wie geht man vor?
- Nach dem Öffnen der Verpackung den Schaft überprüfen,
- Lesen der Gebrauchsanleitung,
- Zielfernrohr abmontieren,
- Schrauben am Holzschaft lösen, um den Systemkasten und den Lauf aus dem Holzschaft heraus zu nehmen,
Exkurs:
Nun sollte man das System in den Kunststoff-Schaft einsetzen können. In der Gebrauchsanleitung wird darauf verwiesen, dass es je nach Waffe sein kann, dass der Schaft nicht sofort 100 Prozent passt. Der Schaft ist quasi „von der Stange“ und muss noch angepasst werden. In unserem Fall war die Aufnahme unterhalb des Abzugskastens ca. 1cm zu hoch. Das heißt Lauf und Systemkasten passten zwar in den Kunststoff-Schaft, waren aber nicht funktionsfähig. Mittels Messschieber wurden die Distanzen ermittelt. Mit einem Dremel wurde dann das überflüssige Material vorsichtig abgetragen und mittels Sandpapier geglättet. Das ging alles problemlos!
Exkurs:
Der Lauf muss frei schwingen können. Eine Methode den Abstand zwischen Lauf und Schaft zu überprüfen ist der „Papiertest“. Man nimmt einfach eine DIN A4 Seite und schiebt diese zwischen Schaft und Lauf. Diese Papierseite sollte dann so viel Spiel haben, dass man diese, ohne sie zu zerreißen, hin und her schieben kann.
- Montage des Zielfernrohrs,
- Montage des Gewehrriemens und
- Überprüfung der Waffe auf dem Schießstand.
Bei all diesen Schritten kommt man eigentlich ohne Zuhilfenahme eines Büchsenmachers aus. Wer sich nicht sicher ist, sollte aber dennoch den fachlichen Rat in Anspruch nehmen. Spätestens wenn das Ergebnis der Überprüfung der Treffpunktlage selbst nach justieren der Optik nicht befriedigend ist, sollte man sich Hilfe holen. Hier geht es in erster Linie um Fragen der Sicherheit und Waidgerechtigkeit. Wenn eine Waffe nicht ordentlich gebettet ist, schießt diese unpräzise, dass dies nicht das Ziel eines Schaftwechsels ist, sollte jedem bewusst sein. Der Jäger ist es dem Wild schuldig nur funktionssichere Waffen bei seinem Waidwerk zu nutzen.
In unserem Fall gab es keine Verschiebung der Treffpunktlage. Selbst nach zehn Schuss war die auf „Fleck auf 100m“ eingestellte Optik immer noch präzise. Am Gewicht der Waffe hatte sich übrigens nichts geändert. Unsere Befürchtung, dass alles um ein Kilo leichter wird und die Eigenschaften der Waffe an sich dadurch natürlich verändert wären, trat nicht ein.
Exkurs:
- Anschlag bei der Serie war sitzen freihändig im Schießkino auf 30m
- Ringabstand simuliert eine Distanz von 100m
- Falls die Waffe auf 137m Fleck eingeschossen wurde, schneidet die Flugbahn der 7×64 (Abgangsrichtung) die Visierlinie erst bei ca. 60m, daher sollten sich bei einer Schießdistanz von 30m, je nach Laborierung, Tiefschüsse (2,5 cm) ergeben.
- Ballistiktheoretisch wenig geübtere Jäger sollten die Überprüfung, wann immer möglich, auf einem 100m Stand durchführen.
Fazit
Der Wechsel des Schaftes ist sicherlich eine Geschmackssache und somit immer wieder Bestandteil vieler Diskussion. Ein wenig handwerkliches Geschick vorausgesetzt, ist dieser kein Hexenwerk. Ein robuster Kunststoff-Schaft ist witterungsbeständig, sehr griffig und leicht zu pflegen. Bei starker Verschmutzung baut man diesen einfach ab und kann ihn selbst in der Badewanne problemlos reinigen. Der Holzschaft hat, im Falle unseres RWS Typ 89, nach ca. 30 Jahren Dienst seinen Zweck erfüllt.
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