In unserem letzten Interview mit dem Digitalisierungsexperten Thomas Rödding haben wir uns über das Thema Digitalisierung in der Jagd unterhalten und eine Auswertung versprochen. Anbei finden Sie die Auswertung zu der Untersuchung der Jagdappmarketes.

Michael Gast: Thomas, wie unschwer zu erwarten war, bricht sich die Digitalisierung ihre Bahn in rasender Geschwindigkeit. Dich dürfte das freuen, oder?

Thomar Rödding: Nun, zumindest sorgt diese Entwicklung dafür, dass wir kreativ werden müssen (lacht). Denn mal ehrlich – wir haben ja vor ein paar Monaten ein kleines Projekt begonnen, in dem wir mal sehen wollten: hey, was existiert da eigentlich an Apps für Jäger schon auf dem Markt?

Michael Gast: Und – wurdest du überrascht?

Thomas Rödding: Aber Hallo! Ganze 487 Apps haben sich da auf den Markt gewuchtet, v.a. aus Deutschland und den USA kommen so einige digitale Helfer auf uns zu: Und hier sind es v.a. technische Unterstützungen für den Revieralltag, gefolgt von Apps für JungjägerInnen sowie Ballistik-Apps. Da zeigt sich schon eine eindeutige Tendenz.

Datenbank - #Apps

Michael Gast: Klingt so ein bisschen danach, dass an alle gedacht wurde?

Thomas Rödding: So ist es auch. Grob kannst Du in zwei App-Zielgruppen unterteilen: Die, die Jäger werden wollen: Da sind vor allem die Lernsysteme und Nachschlagewerke. Und die, die Jäger sind und ihren Revieralltag erleichtern oder effektiver machen wollen. Z. B. mit digitalem Wärmebildgerät, App für Revierkamera, Revierkarte, Wetter & Co.

Datenbank - #Apps II

Dieses „& Co.“ ist übrigens spannend, obwohl es da noch weniges am Markt gibt. So wenig, dass es z. B. noch nicht mal hier aufgeführt ist. Aber es entwickeln sich digitale Helfer, die stark auf die Planung & Organisation von Bewegungsjagden abzielen und auch in die Durchführung der Wildbretvermarktung eingreifen. Mega spannend!

Michael Gast: Okay, wow, da wächst der App-Markt kräftig. Aber Du meintest eben, Ihr müsstet kreativ werden. Was meinst du damit?

Thomas Rödding: Nun, ein bisschen wirken viele App-Lösungen auf mich derzeit noch wie Insellösungen; also man erkennt: hey, hier könnte uns ein digitaler Prozess helfen, und entwickelt genau den dann. Wie diese eine Lösung dann aber in einen weiteren Prozess eingreift, überhaupt einen Bezug zu diesem herstellt, wird dann häufig nicht geklärt. Vielmehr scheinen Anbieter dann immer „alles auf (nur) einer Hand“ liefern zu wollen. Nimm mal das spannende Beispiel „Drückjagd-Organisation“: Da ist es ja ganz toll, wenn der reine Jagdablauf und deren Teilnehmer dokumentiert werden. Aber wenn das Ganze dann nicht direkt mit Prozessen wie Wildzuordnung, Wiegen & Co. verbunden wird, entsteht wieder Arbeit, die gegen das Prinzip der Digitalisierung läuft: nämlich alles spürbar zu vereinfachen.

Michael Gast: Statt Insellösungen erfreuen Dich also App-Lösungen, die das Vorher und Nachher sozusagen direkt mitdenken und -planen?

Thomas Rödding: Exakt, so ist es. Das ist der Sinn wirksamer digitaler Abläufe. Zudem fällt mir auf, dass viele, mit denen ich spreche, keinen so richtigen Überblick haben, warum sie eigentlich genau die eine App einsetzen.

Welche App genommen wird, entscheidet sich derzeit noch wenig auf einem Fachlevel, sondern eher nach Mund-zu-Mund-Propaganda. Und mit Fachlevel meine ich nicht, dass wir alle zu digitalen Experten werden müssen. Damit meine ich, dass jeder für sich und seine Bedürfnisse einschätzen kann: sinngemäß: das brauche ich, das brauche ich nicht.

Michael Gast: Wonach wählst du aus, was du wirklich brauchst?

Thomas Rödding: Recht einfach, meine fünf Fragen sind:

  1. Bietet es mir echte Mehr(wert)informationen?
  2. Macht es mir Abläufe wirklich spürbar bequemer?
  3. Vermeidet es meine Fehler und bestenfalls die der Anderen?
  4. Spart es mir echt Zeit?
  5. Verschafft es mir – und hier schiele ich stark auf digitale Lösungen in der Wildbretvermarktung – neue Zugänge, z.B. hilft es mir beim Zugang in einen bestimmten Konsumentenmarkt oder in wichtige Distributionsketten?

Michael Gast: Gute Übersicht, das macht Sinn. Vor allem für den wachsenden Markt an (Jung-) JägerInnen hast Du da ja echte Bedürfnisse angesprochen. Wenn Du jetzt mal auf die kommende Jagd & Hund 2020 schaust, wie digital wird die Messe und wie sehr werden JägerInnen in diesem Bedürfnis nach digitalen Lösungen abgeholt?

Thomas Rödding: Schwierig, Michael. Ich habe mal versuchsweise im Produktverzeichnis gesucht, und ehrlich gesagt, sieht das so aus als ob da Luft nach oben wäre bzgl. App-Lösungen, Software-Anbietern & Co.

Michael Gast: Das heißt, wenn jemand sich ernsthaft damit auseinandersetzen will, welche Apps für ihn oder sie echte Unterstützer sind und welche nicht, dann heißt es fischen im Trüben?

Thomas Rödding: Ja, irgendwie schon. Ich freue mich aber, dass auf ein junges Redaktionsteam gestoßen bin, das Lust und Drive hat, hier den Markt ein wenig bereichern. Sie nutzen dazu substantiell die Ergebnisse aus unserem internationalen App-Research und wollen regelmäßig einen Newsletter rausbringen, der sich wirklich nur mit dem Thema „Digital & Jagd“ beschäftigt.

Michael Gast: Was genau haben die vor?

Thomas Rödding: Also, statt einfach nur eine Datenbank zu erstellen mit allen Apps, haben die Jungs sich vorgenommen, für wichtige Apps und App-Vergleiche die Do-It-Yourself-Hose anzuziehen und im Rahmen praxisintensiver Anwendungs- und Testartikel Vor- und Nachteile, Funktionsweisen und wichtige Unterschiede für jeden begreiflich aufzuschreiben. Dabei verbinden Sie den IT-Weitblick mit dem jagdlichen Waidblick.

Michael Gast: So eine Art Stiftung Warentest für Jagd-Apps?

Thomas Rödding: So ähnlich, aber ohne Siegel! Sondern Ziel ist es eher, dass jeder Jäger und jede Jägerin, oder die, die es noch werden wollen, leicht übersehen können:

  • Was gibt es an Apps zu dem Thema, das mich gerade interessiert?
  • Was unterscheidet die Apps hier voneinander?
  • Worauf sollte ich angesichts meiner eigenen Bedürfnislage achten, was ich bislang vielleicht nicht auf dem Radar habe?

Das Gute ist, und deswegen vertraue ich ihnen gerne die Research-Ergebnisse an: Sie steigen tief in die Materie ein und sprechen dabei sowohl „Digital“ als auch „Jagd“. Das ist notwendig, um wirklich gute Anwenderberichte rund um Jagd-Apps verfassen zu können.

Michael Gast: Klingt sehr sinnvoll! Wo finde ich das heute?

Thomas Rödding: Du, das ist in Planung, aber zum Greifen nah. Wenn Du Lust hast, registrier Dich im Newsletter unter www.bits4nature.de und da halten Dich die Jungs auf dem Laufenden. Im Februar soll es dann schon live gehen!

Michael Gast: Lieber Thomas vielen Dank für den zweiten Teil des Interviews. Selbstverständlich werde ich mich anmelden und auch in Zukunft weiter zu dem Thema berichten.