Unser Leser Christoph Pirker erklärt in diesem Artikel warum die Geschosswirkung ein wesentlicher Faktor für die Geschosswahl und damit der zielorientierten Jagd ist. Besonders für die Gebirgsjagd liefert er einen unverzichtbaren Tip.

Der Knackpunkt bei 90 % aller Jäger ist ja der, dass alle auch Sau oder Hirsch erwarten, wenn sie auf Reh ansitzen: daher sind  seit Jahren die sog. Rehwildkaliber out. Gottseidank! – kann ich als langjähriger Hundeführer nur sagen.

Geschosswirkung

Das Ansprechen eines Geschosses wird wesentlich von der Auftreffgeschwindigkeit bestimmt. Jedes Geschoss hat eine bestimmte Mindestgeschwindigkeit, bei der es noch anspricht, d. h. schnell wirkt. Diese bestimmt auch die Einsatzdistanz einer Patrone.

Die Zielwirkung wird außerdem von der Geschosskonstruktion und seiner äußeren Form mitbestimmt: stumpfe Geschossspitzen wirken meist schneller als spitze, weiche Geschosse schneller als harte.

Dazu spielt der Zielwiderstand eine wesentliche Rolle, ob und wie ein Geschoss im Wildkörper wirkt: ein Reh bietet dem Geschoss deutlich weniger Widerstand als ein Hirsch. Daher kann in der Regel ein Geschoss bei einem Hirsch besser wirken als bei einem Reh. Für dicke Wildtiere brauchen wir dafür mehr Penetrations- und Tiefenwirkung.

In der Praxis probieren wir immer zuerst einige infrage kommenden Patronen aus, um festzustellen, mit welchen unsere Büchse präzise genug schießt. Hier haben natürlich Gebirgsjäger andere Ansprüche als Waldjäger.

Die Geschosswahl ist auch davon abhängig, was dem Jäger wichtiger ist, die Wildbretschonung oder die Verkürzung der Fluchtstrecke.

Im Hochgebirge sind Nachsuchen oft lebensgefährlich, daher vermeiden wir hier möglichst jede Flucht. Auch Auslandsjäger, die viel Geld für ihre Jagdreise bezahlen, haben ein Interesse an hochwirksamen Geschossen, die auch auf große Distanzen und auch bei suboptimalen Treffern gut wirken.

Bei schnellen Kalibern kann man z. B. auf Reh härtere Geschosse verwenden, oder überhaupt Deformationsgeschosse, die das Wildbret schonen. Man muss dann mit weiteren Fluchten rechnen als bei Teilzerlegern, die schnell wirken und die Rehe an den Platz bannen, aber oft auch mehr kaputt machen.

Bei sehr weiten Schüssen brauchen wir jedoch Geschosse, die auf große Distanz noch wirken, also auch noch eine ausreichende Auftreffgeschwindigkeit liefern. Hierfür verwendet man auch schnelle Kaliber, die auf kurze Distanz etwas rabiat wirken können.

Hier können passende Geschosse etwas Ausgleich leisten.

Gute Geschosse

Seit einem Jahr schieße ich wieder 270 WIN, auf Reh z. Z. nur noch das EVO: Es ist spitze! Auf Gams nutze ich das HMK. HIT und EVO Green teste ich seit Jahren auch selbst, überwiegend auf Reh, in offenem Feld- und in nem Waldrevier. Da wir die meisten unsere 80 Reher pro Jahr selbst vermarkten, haben wir natürlich auch einen höheren Anspruch auf Wildbretschonung, haben also immer auch den Konflikt mit der Vermeidung von langen Fluchten. Anders als bei der Gamsjagd, wo wir jede Flucht zu verhindern versuchen und daher auch andere Geschosse verwenden. Hier machen wir wenig Experimente, nehmen die Munition, die erprobt ist, da Nachsuchen im Gebirge lebensgefährlich sein können.

Ich finde Aufklärung tut Not, die Unwissenheit der meisten Jäger bzgl. ihrer Munition ist erschreckend. Hier verändert die Bleidiskussion wenigstens ein wenig den Blickwinkel, auch wenn gerade im Gebirge die Vorbehalte gegen die Bleifreien begründet sind.

Fazit

Es ist also immer ein Abwägen der Prämissen für die jeweiligen Einsatzbedingungen, für die Wildart, die Schussdistanz, für mehr oder weniger Wildbretschonung, die die Auswahl der Munition bestimmen.
Waidmannsheil,

C. Pirker

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