Wer sich heute mit moderner Jagdausrüstung beschäftigt, denkt zuerst an hochwertige Büchsen, leistungsfähige Optiken und ausgeklügelte Technik. Die Kurzwaffe hingegen fristet oft ein Nischendasein – zu Unrecht. Denn ihre Geschichte in der Jagd reicht viel weiter zurück, als viele denken. Sie steht nicht nur für Sicherheit und Verantwortung, sondern ist auch Ausdruck einer uralten jagdlichen Tradition, die sich bis in unsere Gegenwart durchzieht. In dieser Artikelreihe möchten wir uns gerne näher dem Thema des jagdlichen Kurzwaffenschießens nähern und zeigen, wie man für die Kreismeisterschaften und die jagdliche Praxis trainiert.

Historie und Tradition – Von der Seitenwaffe zum jagdlichen Spezialwerkzeug

Schon im 19. Jahrhundert gehörte die Faustfeuerwaffe zur Grundausstattung vieler Jäger. Während zu Beginn der Jagdgeschichte blanke Fangmesser oder Saufedern für den Fangschuss genutzt wurden, etablierten sich mit dem technischen Fortschritt zunehmend Kurzwaffen.
Frühe Pirschpistolen und Revolver waren auf der Pirsch und bei der Nachsuche oft das Mittel der Wahl – handlich, schnell bereit und zuverlässig. Viele berühmte Jäger, etwa im Kaiserreich oder in den deutschen Kolonien, schworen auf kurze Faustfeuerwaffen als „Retter in der Not“. Insbesondere bei der Nachsuche auf wehrhaftes Wild wie Schwarzwild oder in unübersichtlichem Gelände war die Kurzwaffe oft das entscheidende Werkzeug, wenn ein Fangschuss mit der Langwaffe nicht mehr möglich oder zu gefährlich erschien.

Die Überlieferung berichtet von erfahrenen Berufsjägern, die ihren Revolver griffbereit am Gürtel trugen – nicht aus Prestige, sondern aus praktischer Notwendigkeit. Gerade in den 1920er- und 1930er-Jahren, als Nachsuchen auf große Keiler oder verunfallte Tiere an der Tagesordnung waren, rettete eine mitgeführte Pistole oder ein Revolver so manches Leben – das eigene oder das des Hundes.

Mit der Zeit wandelte sich die Rolle der Kurzwaffe. Technische Verbesserungen, rechtliche Änderungen und der steigende Fokus auf Waidgerechtigkeit führten dazu, dass der Fangschuss mit der Kurzwaffe heute als ethisch und jagdlich sinnvoll angesehen wird – und keineswegs als Zeichen mangelnder Schießkunst.

Moderne Bedeutung – Kurzwaffen im jagdlichen Alltag

Auch im 21. Jahrhundert bleibt die Kurzwaffe ein unverzichtbares Werkzeug für den verantwortungsvollen Jäger. Die Hauptanwendungsbereiche sind klar definiert:

  • Fangschuss auf Schalenwild: Ist ein Stück nach dem Schuss mit der Langwaffe nicht sofort verendet, ermöglicht die Kurzwaffe ein schnelles, waidgerechtes Töten – zum Schutz des Wildes und zur Vermeidung von Leiden.
  • Nachsuche-Situationen: In dichtem Unterholz oder bei wehrhaftem Wild (etwa bei angeschossenem Schwarzwild) ist eine führige Kurzwaffe oft die sicherste Option.
  • Selbstschutz: Auch wenn es selten vorkommt – in Ausnahmesituationen kann die Kurzwaffe helfen, Gefahren für Mensch und Hund abzuwenden.

Viele Revierinhaber und Berufsjäger führen heute wieder ganz selbstverständlich Pistole oder Revolver bei der Nachsuche mit. Und auch im Drückjagdrucksack findet sich die Kurzwaffe zunehmend als Standardausrüstung. Moderne Konstruktionen sind leicht, sicher zu handhaben und bieten – in Kombination mit geeigneter Munition – eine praxisnahe Ergänzung zur Langwaffe.

Gesetzliche Grundlagen und Ausbildung

In Deutschland ist das Führen und Nutzen von Kurzwaffen für Jäger klar geregelt. Ein Jagdschein allein genügt nicht für den Erwerb – für den Erwerb einer Kurzwaffe ist der Nachweis eines „Bedürfnisses“ im jagdlichen Zusammenhang sowie eine entsprechende waffenrechtliche Erlaubnis bzw. der Voreintrag in der WBK notwendig.

Die Ausbildung zum Jagdschein behandelt heute zwar die Grundzüge des Kurzwaffenschießens, ein gezieltes Praxistraining ist aber in vielen Bundesländern keine Pflicht. Umso wichtiger ist es, die eigenen Fertigkeiten regelmäßig zu trainieren und auf dem aktuellen Stand zu halten – etwa im Schießkino, auf dem Schießstand oder in speziellen Kursen. Zudem bieten die DJV Kreismeisterschaften eine gute Möglichkeit das Können unter Beweis zu stellen.

Typische Vorurteile und Mythen rund um Kurzwaffen

Im jagdlichen Umfeld kursieren zahlreiche Mythen rund um die Kurzwaffe:

  • „Kurzwaffen sind zu gefährlich für Jäger.“
    Tatsächlich ist die Unfallgefahr bei unsachgemäßem Umgang gegeben – das gilt aber ebenso für Langwaffen. Mit der richtigen Ausbildung und ständiger Praxis lässt sich das Risiko deutlich minimieren.
  • „Die Langwaffe reicht für alles aus.“
    Das mag für die meisten Jagdsituationen stimmen, aber bei Nachsuchen oder beim Fangschuss kann die Langwaffe schnell unhandlich oder sogar gefährlich werden. Hier bietet die Kurzwaffe einen klaren Vorteil.
  • „Pistolen und Revolver sind nur etwas für Polizei und Sportschützen.“
    Die Geschichte und die Praxis zeigen: Gerade für Jäger sind Kurzwaffen ein bewährtes, sicheres Werkzeug – sofern sie verantwortungsvoll eingesetzt werden.

Die Realität ist: Wer die Kurzwaffe meistert und verantwortungsvoll damit umgeht, erhöht nicht nur die eigene Sicherheit, sondern auch die Waidgerechtigkeit bei der Jagdausübung.

Verantwortung und Sicherheit

Die Kurzwaffe ist und bleibt ein Werkzeug – kein Prestigeobjekt oder „Statussymbol“. Wer sie führt, übernimmt eine besondere Verantwortung: gegenüber sich selbst, den Mitjägern, Hunden und nicht zuletzt dem Wild.

Regelmäßige Kontrolle, sicheres Holstern, bewusstes Training und der Verzicht auf Experimente im Revier sind die Grundlage für den sicheren Einsatz. Jeder Jäger sollte seine persönliche Eignung kritisch hinterfragen und lieber einmal mehr üben als zu wenig.

Fazit: Tradition trifft Verantwortung – und bleibt hochaktuell

Das jagdliche Kurzwaffenschießen verbindet jahrhundertealte Tradition mit moderner Verantwortung. Wer heute eine Kurzwaffe auf der Jagd führt, steht in einer langen Reihe von Waidmännern, für die das Wohl des Wildes und die eigene Sicherheit an erster Stelle stehen.
Mit der richtigen Einstellung, regelmäßiger Übung und einem offenen Blick für neue Technik bleibt die Kurzwaffe ein wichtiger Bestandteil der Jagdausrüstung – jetzt und in Zukunft.

Im nächsten Beitrag der Serie widmen wir uns daher der spannenden Frage: Revolver oder Pistole – was passt besser zur Jagdpraxis?

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