Wer im entscheidenden Moment auf der Jagd zitternde Hände oder einen Blackout erlebt, weiß: Schießen ist mehr als reine Technik. Mentale Stärke entscheidet. Einer der einflussreichsten Vordenker auf diesem Gebiet ist Lanny Bassham – Olympiasieger, Weltrekordhalter und Entwickler des Mental Management Systems. Was steckt hinter seinem Ansatz und wie können Jäger davon profitieren?
Die Geschichte hinter dem System
Lanny Bassham weiß, wie sich mentale Blockaden anfühlen: Nach einer verpatzten Olympiamedaille 1972 begann er, die Denk- und Gefühlswelt erfolgreicher Sportler zu erforschen. Sein Ziel: Ein praxisnahes System, mit dem sich mentale Kontrolle trainieren lässt – unabhängig vom Talent oder Tagesform. Das Resultat war das Mental Management System, das heute international in Sport, Militär, Wirtschaft und Bildung geschätzt wird.
Die drei Säulen des Mental Management
Das Mental Management System von Bassham baut auf drei zentralen Säulen:
-
Konzentration auf den Prozess, nicht das Ergebnis
Erfolgsdruck entsteht oft, wenn sich alles nur um die Trophäe, das Ergebnis oder die Angst vor Misserfolg dreht. Bassham lehrt: Wer im Moment bleibt und Schritt für Schritt seinen Ablauf abarbeitet, hat mehr Kontrolle, weniger Lampenfieber und agiert souveräner – auch bei Jagdfieber. -
Starkes Selbstbild (Self-Image)
Deine innere Überzeugung entscheidet, wie du im Stress funktionierst. Wer sich regelmäßig als ruhigen, erfolgreichen Schützen visualisiert und positive Selbstgespräche führt, bleibt auch unter Druck gelassen. -
Nachbereitung und Verstärkung (Reinforcement)
Nach jedem Schuss oder jeder Jagdszene folgt die kurze Reflexion: Was lief gut? Was kann ich optimieren? Immer mit Fokus auf Lösung und Prozess, nicht auf Fehler – und dann sofort den Kopf frei machen für die nächste Aufgabe.
Praxisbeispiele: Mentaltraining nach Bassham für Jäger
1. Die Pre-Shot-Routine (Vor-dem-Schuss-Routine)
Ablauf:
-
Mentale Vorbereitung: Stelle dir vor, wie du ruhig und kontrolliert zielst.
-
Zwei tiefe Atemzüge, dann konzentriert ausatmen.
-
Bewusst eine Checkliste abarbeiten: Stand, Griff, Visierbild, Atmung, Abzugsfinger korrekt anlegen.
-
„Trigger Phrase“ innerlich wiederholen („Ruhig bleiben!“, „Prozess zählt!“).
-
Schuss wie im Training lösen.
Vorteil:
Die Routine wird zum mentalen Geländer – sie blockiert störende Gedanken und hält dich im Handeln, nicht im Grübeln. Je öfter du diese Routine im Training nutzt, desto sicherer läuft sie im Ernstfall ab.
2. Nachbereitung: Reinforcement-Phase
-
Nach jedem Schuss (auch beim Trockentraining): Kurz bewerten („Das war mein Prozess!“ oder „Beim nächsten Mal achte ich auf den Griff.“).
-
Keine Grübelei! Fehler sind Lernsituationen, der Fokus bleibt auf dem nächsten Schuss.
-
Abschließen und auf die nächste Situation konzentrieren.
Vorteil:
Du verankerst Erfolgserlebnisse, schaffst positive Routinen und bist schneller bereit für den nächsten Schuss. Das schützt vor dem „sich im Fehler verlieren“.
3. Visualisierungstraining
-
Täglich 5 Minuten, am besten abends oder vor dem Training: Augen schließen, den perfekten Ablauf vorstellen. Stand, Atmung, Ziel, Schuss – alles mit ruhigen Bewegungen und sicherem Gefühl.
-
Abschlussbild: Erfolgserlebnis, klare Trefferlage oder das sichere Gefühl nach einem guten Schuss.
Vorteil:
Das Gehirn kann nicht zwischen Realität und Vorstellung unterscheiden. Wer positive Abläufe wiederholt „erlebt“, ist auch in neuen Situationen mental vorbereitet.
4. Innerer Dialog (Self-Talk)
-
Lege dir 2–3 Leitsätze zurecht („Ich treffe ruhig und sicher“, „Ich bin konzentriert und gelassen“).
-
Wiederhole diese vor jedem Training, jedem Schuss oder in stressigen Situationen.
-
Notiere sie sichtbar auf Karteikarten oder im Handy.
Vorteil:
Du programmierst dein Unterbewusstsein auf Erfolg und reduzierst negative, selbstzweifelnde Gedanken.
5. Training unter Druck simulieren
-
Setze dir kleine Zeitlimits beim Schießtraining (Stoppuhr, Timer).
-
Baue ungewohnte Faktoren ein: andere Kleidung, Wetter, wechselnde Ziele.
-
Trainiere auch mit leichtem Stress oder Ablenkung (Partner gibt unvorhersehbare Kommandos, Musik, Störgeräusche).
Vorteil:
So lernt dein Kopf, die Routine auch dann abzurufen, wenn es drauf ankommt – das perfekte Anti-Jagdfieber-Training!
So setzt du Basshams Methoden im jagdlichen Training um
Schritt 1: Definiere deine eigene Pre-Shot-Routine (3–6 Schritte, die du bewusst und immer gleich abarbeitest). Übe diese bei jedem Training, auch trocken zu Hause.
Schritt 2: Integriere kurze Atem- und Visualisierungsübungen in dein tägliches Leben – 3 Minuten reichen. Stell dir Erfolg regelmäßig vor!
Schritt 3: Bewerte deine Schüsse oder Jagdszenen direkt nach dem Geschehen. Finde immer einen Punkt, den du verbessert hast oder positiv wahrgenommen hast.
Schritt 4: Nutze positive Selbstgespräche, vor allem vor wichtigen Situationen („Ich bin ruhig, ich kann das.“).
Schritt 5: Simuliere Stress im Training, damit du lernst, deine Routine auch unter Druck abzurufen. Trainiere nicht nur, wenn alles perfekt ist!
Fazit:
Lanny Basshams Mental Management ist kein Hokuspokus, sondern ein praxisnahes Handwerkszeug für alle, die auf der Jagd – oder beim Schießen allgemein – im entscheidenden Moment ruhig und souverän bleiben wollen. Jeder kann die Methoden trainieren, ob Anfänger oder erfahrener Jäger. Der Schlüssel ist: Dranbleiben, Routinen schaffen und mentale Stärke ganz bewusst ins eigene Training einbauen.
Tipp: Wer diese Methoden einmal gezielt einübt – etwa im Rahmen eines jagdlichen Seminars oder als festen Teil jedes Schießtrainings – wird schnell merken: Jagdfieber wird nicht zum Feind, sondern zum Signal für Fokussierung und Erfolg. Als Beispiel für einen guten Prozess hat Gasti sich die 8 Kriterien für den präzisen Schuss überlegt, hier das Video dazu:
Hinterlasse einen Kommentar