Die Kitzrettung per Drohne hat sich in den letzten Jahren als äußerst effektive Methode etabliert, um Jungtiere vor dem sicheren Tod durch Mähwerke zu bewahren. Besonders in den Frühjahrs- und Sommermonaten sind Landwirte darauf angewiesen, ihre Wiesen zu mähen – doch genau zu dieser Zeit setzen Rehgeißen ihre Kitze im hohen Gras ab. Die Jungtiere besitzen keinen Fluchtinstinkt und ducken sich instinktiv in die Vegetation, was sie für herkömmliche Suchmethoden schwer auffindbar macht. Der Einsatz von Drohnen mit Wärmebildkameras bietet hier eine moderne und effiziente Lösung.
Doch um Drohnen sicher und gesetzeskonform einsetzen zu können, bedarf es einer speziellen Pilotenausbildung. Seit Inkrafttreten der neuen EU-Vorschriften im Jahr 01.01.2024 gelten klare Regularien für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge (UAS). Neben technischen und praktischen Kenntnissen müssen sich Piloten mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen, um einen sicheren und effektiven Betrieb zu gewährleisten.
Wir haben unsere fünfjährige Erneuerung der Fernpilotenzeugnisse als Anlass genommen einen erneuten Blick auf die rechtlichen Grundlagen, die erforderlichen Schritte zur Erlangung eines Drohnenführerscheins und die praktische Relevanz dieser Ausbildung für die Kitzrettung zu machen.
Warum ist eine Pilotenausbildung erforderlich?
Die Nutzung von Drohnen zur Kitzrettung fällt unter die EU-Verordnungen DVO (EU) 2019/947 und DVO (EU) 2019/945. Diese Regularien stellen sicher, dass Drohnen sicher betrieben und mögliche Risiken minimiert werden. Insbesondere der Betrieb in unseren häufig sehr stark urbanisierten Kulturlandschaften Gebieten erfordert besondere Kenntnisse, da hier oft in der Nähe von Menschen oder sensiblen Gebieten geflogen wird.
Ein nicht sachgemäß durchgeführter Drohnenflug kann erhebliche Konsequenzen haben. Neben dem Risiko für Mensch und Tier können Verstöße gegen die geltenden Vorschriften Bußgelder oder sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wer Drohnen zur Kitzrettung einsetzen möchte, sollte sich daher umfassend informieren und die notwendigen Qualifikationen erwerben.
Rechtliche Grundlagen und Regulatorien – Europäische Vorschriften
Für den Betrieb von UAS gelten EU-weite Regeln, die sich in drei Hauptkategorien unterteilen:
- Offene Kategorie: Für Drohnen bis 25 kg mit bestimmten Einschränkungen (z. B. Sichtflug, maximale Flughöhe von 120 m, keine Überflüge über Menschenansammlungen). Diese Kategorie ist besonders relevant für Kitzretter.
- Spezielle Kategorie: Erfordert eine spezielle Betriebsgenehmigung, beispielsweise für Flüge außerhalb der Sichtweite (BVLOS) oder in kontrollierten Lufträumen.
- Zulassungspflichtige Kategorie: Für besonders anspruchsvolle Einsätze mit erhöhtem Risiko, die eine umfassende Zertifizierung benötigen.
Wichtige Verordnungen, die hierbei zu beachten sind:
- Verordnung (EU) 2019/947 – Diese regelt die Vorschriften für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge und unterscheidet die oben genannten Kategorien.
- Verordnung (EU) 2019/945 – Betrifft die technischen Anforderungen an Drohnen, insbesondere die Kennzeichnung von C-Klassen (C0 bis C6).
- Verordnung (EU) 2018/1139 trifft die Basisregeln für die europäische Luftfahrt.
Diese Verordnungen münden in Acceptable Means of Compliance (AMC) und Guidance Material (GM). Die AMCs stellen eine mögliche Variante dar, die Verordnungen in der Praxis regelkonform anzuwenden. Ein Beispiel für AMCs sind Lehrpläne zu den fliegerischen Lizenzen und Berechtigungen. Die Umsetzung der EU-Verordnungen findet durch die nationalen Luftfahrbehörden statt; in Deutschland ist diese Behörde das Luftfahrtbundesamt im Geschäftsbereich des BMDV.
Welche nationalen Vorschriften sind relevant?
Zusätzlich zu den EU-Regelungen gibt es nationale Vorschriften, die den Drohnenbetrieb in Deutschland weiter regulieren. Die wichtigsten Gesetze und Verordnungen sind:
- Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) – Regelt unter anderem Flugverbotszonen und spezielle Sicherheitsanforderungen.
- Luftverkehrsgesetz (LuftVG) – Enthält allgemeine Vorgaben für den Luftverkehr in Deutschland.
- Allgemeinverfügung zum Tierschutz – Speziell für Drohneneinsätze zur Wildtierrettung wurden besondere Genehmigungen erlassen.
Besonders relevant ist die digitale Plattform für unbemannte Luftfahrt (DIPUL), über die geografische Beschränkungen und Flugzonen eingesehen werden können (www.dipul.de). Das Maptool dieser Homepage können Sie vor beginn eine Flugphase nutzen, um nach Flugverbotszonen etc. zu suchen und Ihren Flug zu planen. Weiterhin finden Sie auf dem Portal wichtige Hinweise zu neuen gesetzlichen Regelungen etc. Die entsprechenden nationale regelungne finden Sie auf der Homepage des Luftfahrtbundesamtes: https://www.lba.de/DE/Drohnen/Allgemeine_Informationen/Rechtliche_Grundlagen/Rechtliche_Grundlagen_node.html
Der Weg zum Drohnenführerschein
Um eine Drohne für die Kitzrettung einsetzen zu dürfen, ist ein sogenannter Fernpiloten-Zertifikat erforderlich. Je nach Drohnenklasse und Einsatzgebiet gibt es unterschiedliche Qualifikationen:
1. Kompetenznachweis A1/A3
- Erforderlich für leichte Drohnen (< 25 kg, Flüge in sicherer Umgebung).
- Voraussetzungen: Online-Training und Online-Prüfung beim Luftfahrt-Bundesamt (LBA).
2. Fernpiloten-Zeugnis A2
- Notwendig für Flüge in der Nähe von Menschen oder bewohnten Gebieten.
- Voraussetzungen: Abschluss des A1/A3-Trainings, zusätzliche Theorieprüfung und praktisches Selbsttraining.
3. Spezielle Kategorien
Für den Betrieb in komplexeren Szenarien, wie außerhalb der Sichtweite oder über Menschenansammlungen, ist eine gesonderte Betriebsgenehmigung notwendig.
Mit der neuen EU Drohnenverordnung kam zum 01.01.2024 die Forderung einer Zertifizierung von Drohnen nach den Klassen C0 bis C4. Möchte man in der offenen Kategorie A2 fliegen, benötigt man eine Drohne, die nach C2 zertifiziert wurde sowie das Fernpilotenzeugnis A2. So ausgestattet, dürfen Sie über bebautem Gebiet und bis auf 5m an unbeteiligte Personen heranfliegen. Erfüllt man diese Voraussetzungen nicht, muss man deutlich größere Abstände einhalten und darf Bebauungen nicht überfliegen. Mit diesen deutlichen Einschränkungen kann es in Ballungsgebieten dazu kommen, dass man überhaupt nicht fliegen kann und somit auch keine Kitzrettung durchführen darf! Ein weiterer Punkt, den es in diesem Zusammenhang zu beachten gibt ist, dass nicht alle „Bestandsdrohnen“ (Drohnen, die vor dem 01.01.2024 produziert wurden) nach dem C2 Standard zertifiziert werden können. Hier müssen Sie sich auf der Herstellerseite über die Möglichkeit der Nachzertifizierung informieren.
Praktische Relevanz der Ausbildung von Piloten für die Kitzrettung
Drohnen ermöglichen eine schnelle und effiziente Suche nach Rehkitzen in hohen Wiesen, bevor die Wiesen gemäht werden. Die Wärmebildkameras der Drohnen helfen dabei, Kitze in der Vegetation aufzuspüren. Doch ohne fundierte Kenntnisse über Flugtechnik, Sicherheitsbestimmungen und Notfallprotokolle kann ein solcher Einsatz nicht nur ineffektiv, sondern sogar gefährlich sein. Aus diesem Grund ist eine profunde Ausbildung der Piloten ein Muss für die Kitzrettung und sollte durch die verschiedenen Vereine gut organisiert sein!
Zur Erlangung des EU-Kompetenznachweises A1/ A3 reicht es aus den Onlinekurs des LBA mit anschließender Onlineprüfung zu bestehen. Gleichzeit ist dieser Kompetenznachweis die Grundvoraussetzung, um in Deutschland eine Drohne zu fliegen. Darauf aufbauend ist das Fernpilotenzeugnis A2 eine sinnvolle Ergänzung, um das volle Potenzial einer Drohne für die Kitzrettung ausnutzen zu können und bietet sich über all dort an, wo viel bebautes Gebiet vorhanden ist. Der EU-Kompetenznachweis ist kostengünstig für unter 30€ zu erwerben, das Fernpilotenzeugnis kostet je nach Anbieter bis zu 400€ (für die theoretische Ausbildung) und eine Prüfungsgebühr von 35€. Die Prüfungen können bei allen vom LBA genehmigten Prüfungsstellen abgelegt werden: https://www.lba.de/DE/Drohnen/Pruefstellen_PStF/Benannte_Stellen/Liste_der_benannten_Pruefstellen_node.html
Fazit
Die Kitzrettung per Drohne ist eine moderne und effektive Methode, um Wildtiere vor dem Mähtod zu bewahren. Doch bevor ein Drohnenpilot in den Einsatz gehen kann, muss er sich mit den rechtlichen Vorgaben vertraut machen und die erforderlichen Lizenzen erwerben. Die Pilotenausbildung stellt sicher, dass Drohnen verantwortungsbewusst und sicher eingesetzt werden – eine Voraussetzung für den erfolgreichen und nachhaltigen Schutz unserer Wildtiere.
Weitere interessante Informationen erhalten Sie neben den bereits genannten Seiten auf der Homepage der Deutschen Wildtierrettung: https://www.deutsche-wildtierrettung.de/
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