Die Firma Eickhorn Solingen hat sich in den vergangen Jahren als Zulieferer für das Deutsche Militär und als Hersteller hervorragender Kampfmesser einen Namen gemacht. Nun möchte die Firma wieder zurück zu den eigenen Wurzeln und wie schon am Anfang des 20. Jhd., Jagdmesser sowie Blankwaffen produzieren. Aus diesem Grund möchten wir gerne in diesem Artikel die neue Jagdmesserreihe von Eickhorn unter die Lupe nehmen.
Die Firma Eickhorn hat uns aus ihrer aktuellen Produktionslinie drei Messer zur Verfügung gestellt, um diese auf ihre „Jagdtauglichkeit“ zu überprüfen. Auf der nebenstehenden Abbildung sehen Sie die drei potenziellen Jagdmesser:
- Beltcutter
- Para II GS
- Boar Hunter mit Lederscheide
Bevor wir genauer auf die einzelnen Messer und deren jagdliche Verwendungsmöglichkeiten eingehen, möchten wir gerne etwas zum Firmenprofil der Firma Eickhorn Solingen Ltd. schreiben.
Das Unternehmen Eickhorn hat eine bewegte Geschichte. Gegründet 1865 unter der Firma Carl Eickhorn, hat man sich der Produktion von Blankwaffen für das Militär verschrieben. 1875 gründete Carl Eickhorn die erste Produktionsstätte für die Herstellung größerer Mengen Stahlerzeugnisse,1885 folgte die zweite. Im Jahre 1900 kam es zum Bau der ersten Fabrik zur Massenproduktion von militärischen Blankwaffen für die damalige Reichswehr. Nach dem Ersten Weltkrieg 1918 und zur Zeit der Weimarer Republik konzentrierte sich das Unternehmen auf die Besteckfertigung.
Durch den Zweiten Weltkrieg wurde die zunächst 1930 vergrößerte Fabrik teilweise zerstört, wodurch große Investitionen für den Wiederaufbau notwendig waren. In der Zeit nach 1945 produzierte die Firma Carl Eickhorn weiterhin Besteck und Messer, bis sie 1975 von dem Unternehmen GMS aufgekauft wurde. Parallel hierzu wurde das Unternehmen Annette Eickhorn Solingen (AES) gegründet. Bis zur Übernahme der neuen Firma GMS durch Hörster wurde die Marke Eickhorn Solingen von AES und GMS gleichzeitig benutzt. Nach der Insolvenz von Hörster kaufte Annette Eickhorn die kompletten Markenrechte an Eickhorn Solingen auf. Im Jahre 2004 stieg der Investor Andrew McGill in AES ein und überführt den Geschäftsbetrieb in das heutige Unternehmen Eickhorn Solingen Ltd., welches bis zum heutigen Tag von Stuart Kerr geleitet wird.
Die „Aufbrechklinge“ – Der Beltcutter
Der Beltcutter, oder Gurtschneider, wurde ursprünglich nicht für jagdliche Zwecke konstruiert, sondern als Einsatzmesser zum Auftrennen von Sicherheitsgurten in Autos. Im Gespräch mit der Firma Eickhorn kamen wir allerdings zu dem Schluss, dass dieser auch als Aufbrechklinge oder Geräuschmesser dienen kann. Um die Praxistauglichkeit des Gurtschneiders zu überprüfen und aus persönlichem Interesse, wie man Dinge „zweckentfremden“ kann, haben wir den Beltcutter in den Test mit aufgenommen.
Der Gurtschneider entspricht rein äußerlich einem Aufbrechhaken; nebenbei bemerkt bestehen grundsätzlich auch nicht viele Unterschiede zwischen dem Gurtschneider und einem Aufbrechhaken. Was sind die Vorteile des Beltcutters von Eickhorn? Das Werkzeug wurde für härteste Einsätze im Rettungsdienst konzipiert und ist dementsprechend robust gefertigt. Der Körper des Gurtschneiders ist aus einem vollen Alublock gefräst, besitzt somit keine Nähte, nur glatte Übergänge und ist folglich einfach zu reinigen. Üblicherweise ist es schwer, Aufbrechklingen zu schärfen. Diesem Umstand sind die Konstrukteure des Gurtschneiders auf einfache Art und Weise begegnet.
Man hat die Klinge nicht als feste Klinge zum Nachschärfen gestaltet, sondern eine Austauschklinge in den Gurtschneider eingearbeitet. Dies hat den Vorteil, dass man sich um das Schärfen keine Sorgen machen muss und kein zusätzliches Werkzeug zum Schärfen benötigt wird. Die kleinen, rasiermesserscharfen, Klingen lassen sich einfach austauschen und sind laut Herstellerangaben für fünf Schnitte schnitthaltig. In unserem Test haben die Klingen auch deutlich länger gehalten. Im Lieferumfang sind sechs Klingen enthalten, das sollte einen locker über das Jagdjahr bringen. Auf der nebenstehenden Abbildung sehen Sie, wie wir mit dem Gurtschneider die Bauchdecke einer starken Ricke öffnen. Dies war ohne Beanstandungen möglich und keine inneren Organe wurden hierdurch verletzt. Seine Grenzen fand der Gurtschneider am Sternum des Rehs. Das Werkzeug ist nicht geeignet, durch den Brustknochen zu schneiden, dies musste mit dem Para II gemacht werden.
Fazit eins
Der Gurtschneider liegt, durch die eingefrästen Fingermulden, gut in der Hand und ein Herausrutschen wird hierdurch vermieden. Durch die glatten Flächen und den runden Abschluss am Eingang zum Schneidekanal wird verhindert, dass die Klinge das Geräusch einschneidet und man kann sehr schnell beim Öffnen der Bauchdecke vorgehen. Ein weiterer Vorteil des Beltcutters ist die einfache Reinigung. Selbst mit eingelegter Klinge lässt sich das ca. 10cm lange Werkzeug einfach reinigen und desinfizieren. In unserem Test konnten wir alle Rückstände, auch Blut, rückstandslos entfernen. Den Gurtschneider gibt es in diversen farblichen Varianten, hierzu können Sie sich gerne auf der Shopseite des Herstellers informieren. Eine Variante, die gerade für Jäger interessant sein dürfte, sehen Sie auf der nebenstehenden Abbildung (den Beltcutter gibt es auch fluoreszierend). Der Beltcutter wird in einer Cordurascheide geliefert, demnächst wird auch eine Kydexscheide erhältlich sein.
Der „Jagdknicker“ – das PARA II GS
Als Neckknife oder Backupmesser konzipiert, soll das Para II auch als Jagdnicker dienen. Bei der Konstruktion des Messers hat man sich darauf fokussiert, ein möglichst leichtes und kompaktes „Mehrzweckmesser“ zu schaffen, welches durch seine Klingenform vielseitig einsetzbar ist und auf Grund des geringen Gewichts immer mitgeführt werden kann. Ursprünglich hat das PARA II keine Griffschale, erst auf Kundenwunsch hat die Firma Eickhorn eine Version mit Griffschale in verschiedenen Farben konzipiert. Das Messer ist 18cm lang, die Klinge 8,4cm und es ist 3mm stark. Die Griffschale kann zur Reinigung über das Lösen von zwei Schrauben entfernt und nach Belieben wieder befestigt werden.
Wir haben das Messer in unserem Test für die komplette Teilversorgung von Wild benutzt (hier überwiegend Rehwild). Gleich vorweg: das Para II GS ist sehr scharf und auch sehr schnitthaltig, der Stahl hat eine hervorragende Qualität und die Beschichtung ermöglicht ein leichtes Reinigen der Klinge. Um einen Schnitt durch die Bauchdecke, über das Sternum und entlang des Trägers zu führen, ist das PARA II GS gut geeignet. Beim Öffnen des Sternums und später beim Öffnen des Schlosses, gerät das Messer auf Grund seiner geringen Abmessungen allerdings an seine Grenzen. Beim Rehwild haben wir es geschafft, den Brustkorb und das Schloss zu öffnen, allerdings ist der Griff des Messers zu klein, um es mit beiden Händen zu führen. Beim Schwarzwild hat die Abmessung der Klingen dann nicht mehr ausgereicht, um den Brustkorb geschweige denn das Schloss zu öffnen, hier mussten wir zu einem stärkeren Messer greifen.
Die Klinge des Messers hat einen weit vorne liegenden Droppoint und ist sehr spitz, wodurch die Klinge dazu neigt, in das Geräusch, bzw. beim Öffnen des Schlosses in die Harnblase, zu wandern. Hier muss man darauf achten, das Messer flach zu führen und Zeige- sowie Mittelfinger als Führung zu benutzen! Die Reinigung der Klinge ist kein Problem, diese ließ sich einfach abspülen und desinfizieren, die Griffschale war jedoch nicht so einfach zu reinigen. Durch die raue Oberfläche des Kratons bleiben dort und an den Übergängen der Griffschale zum Messerschaft viele Rückstände hängen, die mit einer starken Bürste entfernt werden müssen (ähnlich wie bei Messern mit Hirschhorngriffschalen).
Fazit zwei
Das PARA II GS ist grundsätzlich ein gutes Messer und kann für die Teilversorgung benutzt werden. Allerdings findet es an den „harten Stellen“ (Sternum und Schloss) seine Grenzen. Durch die sehr Spitze Konstruktion der Klinge muss man beim Aufbrechen vorsichtig sein, dass die Klinge nicht ins Geräusch oder die Harnblase abrutscht. Aus unserer Sicht muss der Droppoint der Klinge etwas nach hinten verlegt werden und die Klingenstärke sollte auf 4mm erhöht werden. Zudem muss der Griff länger werden, so dass man mit zwei Händen das Messer führen kann. Bei diesen Änderungsmaßnahmen muss man jedoch bedenken, dass die Ausmaße des Messers nicht mehr einem Neckknife entsprechen und das Gewicht ebenfalls steigen wird.
Der „Saufänger“ – Boar Hunter
Der Boar Hunter der Firma Eickhorn wurde als Abfangmesser für starkes Wild konzipiert. Es verfügt über eine 259mm lange, hohlgeschliffene 5cm breite Dolchklinge, wie es sich für ein Abfangmesser gehört. Der Griff sollte mindestens den Soldaten unter uns bekannt sein; er stammt von dem berühmten KM2000 und ist aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Am Ende des Messergriffs befindet sich ein Glasbrecher. Diesen kann man sehr gut dazu verwenden, Gelenke oder Knochen bei der Teilversorgung zu brechen. Das Messer gibt es in diversen farblichen Ausgestaltungsmöglichkeiten, die individuell bestimmt werden können (mehr hierzu auf der Homepage des Herstellers). Geliefert wird das Messer in einer Lederscheide, in die man das Para II ebenfalls hineinstecken kann. An der Lederscheide befindet sich eine Öse, um das Messer mittels einer Kordel am Bein zu befestigen. Natürlich kann man sich beim Kauf des Messers auch für eine Kydexscheide, wie von uns bevorzugt, entscheiden.
Die Firma Eickhorn hat uns gebeten, auf folgenden Sachverhalt hinzuweisen. Da der Boar Hunter großen Anklang bei den eingefleischten Eickhorn-Liebhabern gefunden hat, wird es eine zweite Auflage dieses Messers geben. Bei der zweiten Auflage des Messers wird es folgende Veränderungen geben: Der Glasbrecher am Griff des Messers wird flach ausgestaltet und die Ricassos am Übergang der Klinge zum Griff werden wegfallen, so dass sich dort keine Haarreste o.Ä. verfangen können.
Fazit drei
Wir verwenden baugleiche Messer schon seit Jahren zum Abfangen von Wild bei Nachsuchen. Der Boar Hunter entspricht in seinen Abmessungen der klassischen Gestaltung eines Abfangmessers und ist somit sehr gut geeignet, um Wild schnell zu erlösen. Bisher haben wir den Boar Hunter nur an bereits erlegtem Wild ausprobiert und konnten keine Nachteile gegenüber bereits auf dem Markt vorhandenen Abfangmessern feststellen. Die Handhabung entspricht der herkömmlicher Abfangmesser und die Dimensionen sind ausreichend gewählt, um ein Stück abzufangen. Zudem verhindert das Parierelement am Griff des Boar Hunters ein Abrutschen der Hand, was bei einem Dolch sehr wichtig ist.
Das Messer macht einen äußerst robusten Eindruck. Die Brechprobe am Baumstamm hat es ausgehalten auch der Griff hat mehrere Schläge mit einem Hammer weggesteckt. Der Vorteil dieses Abfangmessers liegt in seiner Einfachheit. Aus unserer Sicht müssen Messer für die Jagd, genau wie Messer für das Militär, unter jeglichen Umständen funktionieren. Hier kann Eickhorn auf seine Erfahrungen als Hersteller von Kampfmessern zurückgreifen und hat diese Erfahrungen sehr gut auf das Jagdwesen übertragen. Alle Komponenten (Klinge, Griff) des Messers sind so gestaltet, dass sie einfach zu reinigen sind und ausgetauscht werden können. Der ergonomisch ausgeformte Griff liegt gut in der Hand und kann auch mit Handschuhen gut gegriffen werden. Nachdem wir das Messer am Wildkörper getestet hatten, konnten alle Rückstände sauber entfernt werden und die Desinfektion des Messers ist ebenfalls kein Problem.
Gesamtfazit
Bisher war uns die Firma Eickhorn nur als Hersteller unseres Dienstmessers KM2000 bekannt. Dieses haben wir im Rahmen der Dienstausübung überwiegend als Werkzeug eingesetzt und konnten uns von der Robustheit der Eickhornprodukte überzeugen. Es freut uns natürlich, dass Eickhorn jetzt auch Jagdmesser in gewohnter Qualität und Belastbarkeit herstellt.
Zum Beltcutter brauchen wir nicht mehr viel sagen. Wir werden ihn in Zukunft weiterhin einsetzen. Der Boar Hunter erfüllt ebenfalls seinen Zweck und wird in Zukunft Bestandteil unserer Nachsuchenausrüstung sein. Das Para II GS ist aus unserer Sicht als Zweitmesser zum Boar Hunter geeignet. Wir empfehlen die Version ohne Griffschale zu verwenden, da diese leichter zu reinigen ist. Wir sind gespannt, ob Eickhorn noch einen eigenständigen Jagdnicker für die Teilversorgung konstruieren wird; wir freuen uns auf das Ergebnis.
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